Island,  Trekking

Trekking in Island – Teil 3: Struttstigur

Im dritten Teil des Island-Reisberichts laufen wir in drei Tagen den Struttstigur, bis wir auf den Laugavegur treffen und die letzte Nacht am See Álftavatn verbringen. Der Höhepunkt dieses Abschnitts unserer Trekkingtour ist zum einen die heiße Strútslaug-Quelle, eine wahre Wohltat nach den anstrengenden Wandertagen. Und zum anderen natürlich die tanzenden Nordlichter, die wir eines Nachts völlig unerwartet sehen werden.

6. Tag, 18.08 –Zur Strútslaug Quelle

Morgens ist es immer noch stürmisch. Aber es ist auch immer noch supersonniges Wetter, die Sonne strahlt alles nieder (also die Farben) und wir werden uns heute einen ordentlichen Sonnenbrand holen. Um 5 nach 10 laufen wir los zur Hütte, das ist ein Schnelligkeitsrekord. Die Hólaskol Hütte ist echt nicht schön, hat aber ein richtig luxeriöses Klo. Mit Spiegel. Davorstehend bin ich froh, dass ich mich sonst unterwegs nicht sehen kann. 😀

Von der Hütte weg führt ein gut ausgetrampelter Weg, der schon bald undeutlicher wird und durch schöne Lavatürmchen führt.

Schließlich erreichen wird die Furt der Syðri-Ófæra, sie ist kurz von einem Wasserfall und anschließend fließt der Fluß in einer Schlucht weiter, aus der man bei einem Sturz ins Wasser nicht mehr wirklich rauskommen würde. Ich bin dementsprechend davor recht aufgeregt, es ist aber im endeffekt einfacher als es aussieht. Das Wasser geht uns bis zum mittleren Oberschenkel, aber die Strömung ist nicht stark. Schon bald nach der Furt erreichen wir auf einem ausgetrampelten Reitweg den See Alftavötn und nutzen die schöne Kulisse für eine Brotzeit.

Struttstigur
Struttstigur
Struttstigur

Nach der Hütte laufen wir ein Stück auf einer Piste (ich habe in meinem Tagebuch „Forstweg“ geschrieben. Als ob es hier Bäume hätte, haha) und wenig später führt der Strútstigúr laut Wanderführer querfeldein zu einem „Pass“ zwischen zwei Bergrücken. Es ist extrem windig, man kann die Karte kaum offen halten.

Mit Kompass suchen wir die richtige Richtung. Ich entdecke eine Stelle mit kleinem Wasserfall, die ich aus einem Reisebericht kenne. Aber „Westen“ wie im Buch beschrieben liegt eigentlich deutlich weiter links… Wir vergleichen noch eine Weile die Landschaft mit der Karte und merken dann, dass dies nur der einzige richtige Weg sein kann. Also los!

Struttstigur
Rechts im Hintergrund sieht man das Zwischenziel, den „Durchgang“ zwischen den zwei Bergrücken.

Wir furten ein paar Flüsse und lassen danach einfach unsere Neoprensocken an. Herrlich, quasi barfuß über den weichen Boden zu laufen! Am Pass angelangt müssen wir zum Abschluss noch einmal furten, dann wechseln wir wieder zu unseren Wanderstiefeln.

Bis zum Abend ist der Weg geprägt von dem großen Berg links von uns. Wir wandern durch schwarze Hügel, es ist extrem diesig, die Sonne brennt, der Wind wirft uns auf den Hügelkuppen fast um. Die Landschaft ist größtenteils grau, aber die kleinen Flüsse in den Taleinschnitten sind leuchtend grün. Wunderschön! Ich versuche das Ganze fotografisch festzuhalten, aber durch die starke Sonnenstrahlung wirkt alles dumpfer als in Echt. Wir folgen grob einer alten Piste, laufen aber auch oft querfeldein. Andere Fußspuren sehen wir nur äußerst selten.

Struttstigur
Struttstigur
The long and winding road
Crazy River
Struttstigur
Syðri-Ófæra

Nach einem kurzen Anstieg überblicken wir plötzlich die Ebene Hólmsárbotnar. Atemberaubend! Wir sind ganz geflasht. Der Fluß glitzert im Abendlicht, die Stimmung ist fantastisch.

Ich liebe es, im Abendlicht unterwegs zu sein. Alles ist dann gleich viel schöner, besonderer, stiller.

Hólmsárbotnar
Hólmsárbotnar

Wir laufen runter in die Ebene, es ist sehr feucht und man versinkt immer wieder unerwartet im Wasser. Nach einem Umweg wieder den Hang nach oben kommt ca. 1 Stunde später endlich die Strútslaug Quelle in Sicht. Ein letztes Mal müssen wir noch einen Fluß furten, ich bin mittlerweile müde, hungrig und ungeduldig. Schnell bauen wir das Zelt auf und springen dann in die wunderbar warme Quelle. Es ist perfekt! Wir genießen den Ausblick auf die abendlich leuchtenden Berge und die Feuchtebene unter uns. Dieser Ort und der Moment sind wirklich mehr als Perfekt.

Bald treibt uns der Hunger wieder raus, wir essen und fallen dann müde ins Bett. Der Wind hat mittlerweile ein kleines bisschen nachgelassen, weswegen wir trotz nicht so windgeschütztem Platz ganz gut schlafen können.

Insgesamt waren wir heute 11 Stunden unterwegs.

7. Tag, 16.08. – bis zum Ende der einen Ebene mit den vielen Flüssen 😉

Wir schlafen schön gemütlich aus. Nach dem Frühstück gehts ab in die Quelle! Die Sonne scheint, das Wasser ist warm, die Aussicht ist super, wir sind sehr glücklich. Wir bleiben ewig in der Quelle. Irgendwann besuchen uns drei Schafe. Sie kommen ganz nah ran, vielleicht erkennen sie uns nicht als Mensch, weil nur der Kopf aus dem Wasser guckt…

Nach dem Baden trinken wir mit tollem Blick auf die Hólmsárbotnar Kaffee und machen Brotzeit. Es ist absolut windstill, es fühlt sich merkwürdig an nach den letzten zwei windigen/stürmischen Tagen.

Strútslaug
Struttstigur

Bis wir loskommen ist es viertel nach 2. Es geht zuerst an der Ebene und dann über die Hügel am Strútur entlang, es ist wunderschön. Hinter der Strútur Hütte gehts den Berg hoch, oben hat man einen grandiosen Blick auf die Landschaft, was wir natürlich für eine kleine Pause nutzen. Wunderschön.

Auf dem weiteren Weg hat man einen tollen Blick auf den Gletscher und in der Ferne kann man aufgewehten Sand in der Mælifellssandur gegen das Licht sehn. Wunderschön. (Ich wiederhole mich)

Nach einem kleinen Abstieg geht es nacheinander durch zwei Ebenen, zuerst Hrútagil – ein kleiner Bach, ohne Furt – dann folgt eine Ebene mit schwarzem Sand (Mælifellssandur). Man sieht immer wieder Spuren von zwei Wanderern und von einigen Pferden.

Struttstigur
Mýrdalsjökull
Sand Storm in Mælifellssandur
Ein Sandsturm in der Lavawüste
Struttstigur
Struttstigur

Dann entdecken wir hinter dem Minipass ein rotes Zelt mit einem Pärchen, die beiden grüßen nett. Aber sie sind zu weit weg zum reden. Eigentlich habe ich gerade auch gar keine Lust auf Menschenkontakt…
In der Ebene vor uns sieht man schon viele Flussarme funkeln. Wir wollen noch ans andere Ende, es ist wieder eine tolle Abendlichtstimmung. Die Berge vom Torfajökull rechts leuchten rot. Toll!

Bald sind wir aber am Ende der feuchten Ebene angelangt und suchen einen guten Platz am Hang des Berges, etwas erhöht. Gegenüber ist der Gletscher, unter uns die Ebene, alles im goldenen Licht. Ich schnappe meine Kamera und renne den Hang hoch um Fotos von der schönen Kulisse zu machen, bevor das Licht weg ist.

Torfajökull
Evening Light

Um 12 Uhr verkriechen wir uns in unsere Schlafsäcke. Ich stelle meinen Wecker auf 1 Uhr, denn ich möchte mal ausprobieren den Sternenhimmer zu fotografieren. Viel Hoffnung auf gute Bilder habe ich nicht, denn ich bin mir nicht sicher wie dunkel es schon wird.

Um 1 reisst es mich voll und ich checke erst mal nichts. Dann, als ich mich endlich aus dem Schlafsack gekämpft habe, strecke ich blinzelnd den Kopf aus dem Zelt. Es ist ziemlich hell, ich sehe kaum Sterne und es hängen ein paar Schleierwolken am Himmel. Na toll. Es ist so kalt, ich will echt nicht raus. Alibimäßig stelle ich die Kamera in die Apsis und mache ein Foto nach draußen, um mir selbst zu beweisen, dass es sich nicht lohnt jetzt raus zu gehen.

Und siehe da: Der ganze Himmel ist grün! Nordlichter!!!! Jetzt werde ich schnell, springe aus dem Schlafsack, ziehe mir Fleece und Jacke an, taumel aus dem Zelt und versuche, neben dem zum-Himmel-starren, das Stativ aufzubauen. Es ist unglaublich (in meinem Tourtagebuch steht sogar „bombastisch“, das Wort benutze ich eigentlich nie…). Die Nordlichter ziehen sich hell leuchtend quer über den ganzen Himmel, von Horizont zu Horizont. Sie sind wirklich stark, ich kann es kaum fassen, es ist wunderschön. Ich rufe Michi zu er soll auch rauskommen. Dann fange ich an zu fotografieren, nach 2 Fotos ist natürlich der Akku leer, er war ja gestern Abend schon leer. Also rein ins Zelt, Michi richtig wachrütteln, ungeduldig warten und gucken während er eeeewig im Schlafsack nach seinem Akku sucht (den er dort warm gehalten hat). Dann bin ich wieder draußen beim staunen und fotografieren. Das Nordlicht hat jetzt eine Schlaufe über unserem Zelt gebildet. Michi sucht drinnen mit Lampe sein Zeug, jetzt ist das Zelt zu einem tolles Motiv geworden. Ich rufe ihm zu er soll erst mal rauskommen und schauen, nicht dass das Spektakel gleich vorbei.

Irgendwann ist Michi jedenfalls auch endlich raus gekommen, wir fotografieren beide und am Schluss schauen wir dann nur noch. Es nimmt gar kein Ende und ist einfach so schön. Ich bin absolut beglückt und kann es immer noch nicht richtig fassen. Michi ist ein bisschen grummelig, er ist müde und ihm ist kalt. Aber für mich ist es einfach nur fantastisch und wunderbar.

Sleepless Night
Northern light
Northern lights
Northern Lights

Nach über einer Stunde treibt uns die Kälte wieder nach drinnen. Wir sind völlig ausgekühlt und frieren beide die ganze Nacht erbärmlich. Es ist wirklich unglaublich kalt. Um 6 wache ich auf und zittere am ganzen Körper. Ab 9 fängt die Sonne endlich an, das Zelt richtig aufzuheizen und uns wird endlich warm.
Aber kein Wunder dass uns (bzw mir) so kalt war: ich war eine Stunde draußen, nur mit langer Unterhose, Merinolongshirt, Fleece und Primaloft-Jacke. Ohne Handschuhe. Ich frag mich bis jetzt wie ich das ausgehalten habe. (Es hatte irgendwas bissl über 0°)

Insgesamt waren wir an diesem Tag 5:15 h unterwegs.

8. Tag, 20.08. – nach Álftavatn

Die Nacht war kalt und dadurch echt unerholsam. Michi ist kaum wach zu kriegen, ich fange schon mal an zu frühstücken. Sehr ungewöhnlich diese Konstellation.

Heute verlaufen wir uns zum ersten mal, da wir uns eine falsche Felsnase zur Orientierung ausgesucht haben. Eigentlich weniger wild, aber nach der letzten Nacht sind wir beide ziemlich fertig und bei Michi bahnt sich eine Erkältung an. Allerdings gibt es wenig, was eine Salamipause nicht richten könnte und so erreichen wir schon bald wieder normales Marschtempo.

Die Landschaft ist schön, allerdings nicht so spektakulär wie die letzten Tage. Da wir uns von der Etappe Álftavatn – Landmannalaugar viel erwarten, fotografieren wir nur mit dem Handy um den letzten verbliebenen Akku zu schonen. Ab Hvanngil verläuft unsere Route auf dem Laugavegur: Extrem ausgetrampelter Pfad, Pflockmarkierungen, andere Menschen. Der Weg ist definitiv mehr Piste als Wanderweg.

In Álftavatn sind wir erst einmal mächtig von den vielen Menschen abgeschreckt, es gefällt uns hier nicht wirklich. Wir bleiben trotzdem für eine Nacht hier, da wir uns immer noch nicht richtig fit fühlen und die nächste Hütte noch vier Stunden entfernt liegt. Es hat auch seine Vorteile: warme Duschen! Haare waschen! ein riesiger Muffin! Kaffee! (und eine offensichtlich interessante Kette)

Wir kochen am Fluss und verschwinden im Zelt, weil es schon wieder so kalt wird. Mein Wecker ist auf 1:00 Uhr gestellt, ich bin gespannt!

Um eins sieht man dann ein ganz ganz schwaches Nordlicht als Streifen am Himmel. Ich mache noch ein Bild von den Sternen und dem See und erwische sogar eine Sternschnuppe. Diese Nacht ist zum Glück nicht so kalt wie die Letzte und uns ist im Schlafsack warm genug. Wir entwickeln außerdem noch ausgeklügeltere Systeme, wo welche Kleidung für optimale Wärmeergebnisse hin muss.

Álftavatn
Álftavatn

Heute waren wir 4 Stunden unterwegs.

Im nächsten Abschnitt werden wir die zwei „ersten“ Etappen des Laugavegur laufen, von Álftavatn über Hrafntinnusker nach Landmannalaugar.

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