Pacific Crest Trail 3: Auf dem John Muir Trail vom Kearsarge Pass bis zum Vermillion Valley Resort
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Les dir meinen Beitrag zur Planung durch: Dein Survival-Kit für den John Muir Trail
Alle Berichte über meine Wanderung auf dem PCT / JMT findest du hier: Übersicht PCT / JMT
Im dritten Teil meiner Trekking Tour auf dem PCT befinde ich mich endlich in der ersehnten „High Sierra“, dem Hochgebirge der Sierra Nevada. Wasser gibt es hier in Hülle und Fülle, zahlreiche Schmelzbäche fließen die Berghänge hinab und auf den Pässen liegt oft noch Schnee. Die Tage sind ein Wechsel aus karger Steinlandschaft und grünen, mückengefüllten Wäldern, ein steter Wechsel zwischen Pässen und Tälern.
Auf dem Pacific Trail gibt es zwischen Kennedy Meadows und Agnew Meadows (ca. 320km) keine Straßen – man befindet sich in ursprünglicher Natur ohne Spuren menschlicher Behausung, nicht einmal Forstwege sind hier angelegt. Als Europäer ist es beinahe unvorstellbar, dass auf einer so großen Fläche nie Straßen oder breitere Wege angelegt wurden. Es wäre wie eine Alpenüberquerung von Garmisch-Partenkirchen nach Verona, auf der man keiner einzigen Straße oder gar Siedlung begegnet, keiner Berghütte, keinem Auto.
Da der Artikel so lang ist, könnt ihr hier über die Links zu den einzelnen Etappen springen:
- Tag 14 – Zurück zum Trail über den Kearsarge Pass mit Traumblick über den Bullfrog Lake.
11,5 km, 800 hm - Tag 15 – Glen Pass und die kristallklaren Rae Lakes (wo ich meinen Löffel verliere).
18km, 400 hm - Tag 16 – langer Aufstieg zum Pinchot Pass, viele schöne Bergseen und ein anstrengender Abend.
22,5km, 1350 hm - Tag 17 – Mather Pass, traumhafte Ausblicke auf der golden Staircase ins Palisade Creek Valley und ein nicht enden wollender Abstieg.
27,6km, 550 hm - Tag 18 – spannender Muir Pass und cowboy campen am schönen alpinen Evolution Lake.
21,6 km, 1050 hm - Tag 19 – Furt über den Evolution Creek, viel Wald und kleine Trailkunde über die Mammutbäume.
29,2km, 600 hm - Tag 20 – die schönste Aussicht des Trails: Selden Pass und Nachts Sterne gucken.
19,8 km, 500 hm - Tag 21 – 10km Abstieg zum Vermillion Valley Resort
Die High Sierra
Die Pässe markieren ab jetzt keine dramatischen Klimaveränderungen mehr, wie das beim Forester Pass und auch beim Kearsarge Pass der Fall war. Für ein so hohes Gebirge ist es für mich allerdings überraschend, wie hoch die Baumgrenze liegt. Ich bin die spärliche Vegetation der Alpen gewohnt, doch in der Sierra Nevada läuft man locker 50% der Zeit unter hohen Bäumen (mit tausenden Mücken). Da mich diese Passagen eher stören und nerven, habe ich sie kaum fotografiert. Doch lasst euch von den Fotos dieses Beitrages nicht täuschen. Es sind wirklich 50% Wald!
In den acht Tagen bis zum Vermillion Valley Resort laufe ich fast täglich über einen Pass. Es ergibt sich ein natürlicher Rhythmus: Ich versuche stets, so nahe wie möglich an den nächsten Pass heranzulaufen, damit ich am kühleren Vormittag aufsteigen kann. Leider übernachte ich dadurch auch oft unter der Baumgrenze und sehr selten an den wunderschönen Bergseen. Aber mir ist ein ausgefüllter Wandertag lieber, als schon am frühen Nachmittag mein Zelt aufzuschlagen.
Ich komme jeden Tag auf eine reine Gehzeit zwischen 8 und 10 Stunden und laufe zwischen 18 und 29km und 400 bis 1350 Höhenmetern (bergauf) am Tag. Ich genieße zwar das Wandern und die Zeit unterwegs, doch die hohe Belastung fordert auch ihren Tribut: Meine Fußgelenke schmerzen stark nach dem Aufstehen und nach Pausen, der Rucksack scheuert und drückt an Hüfte und Schultern, die Knie schmerzen, Beinmuskeln tun weh… Doch mit der steten Bewegung spürt man alles nicht mehr so sehr, und mit den neuen Schuhen gehören meine Blasenprobleme der Vergangenheit an. Außerdem entschädigt die Landschaft eh für alle Mühen 😉.
Justin und ich gehen ab Bishop getrennte Wege: Es fahren 2x täglich Busse nach Independence zurück zum Trail, ich möchte Vormittags fahren und er Nachmittags. Als ich 9 Tage später in Mammoth Lakes wieder Handyempfang habe, erfahre ich allerdings, dass er seinen Bus verpasst hat und noch eine Nacht in Bishop bleiben musste. Dadurch sehen wir uns natürlich nicht mehr und ich habe keine Trail Family mehr.
Die meiste Zeit wandere ich alleine. Beim campieren suche ich mir meist andere Wanderer, zu denen ich mich geselle: Alleine zelten macht mir persönlich nicht so viel Spaß.
Die bisherige Zeit auf dem PCT war geprägt von den interessanten Begegnungen der Mitwanderer, an den Quellen traf man immer einige Leute und kam oft ins Gespräch. In der Sierra waren diese Leute auf einmal völlig verschwunden, ich bin kaum PCTlern begegnet. Oft habe ich Mittagspause gemacht, ohne dass überhaupt ein Mensch vorbei kam…
26. Juni 2018 – zurück über den Kearsarge Pass
PCT Tag 14, Reisetag 43
Meine Rückkehr auf den Trail startet gewohnt geordnet und strukturiert: ich stehe früh auf und mache mich extra leise fertig, um JJ nicht zu wecken. Auf halben Weg zum Bus nach Independence fällt mir ein, dass mein Obst noch im Kühlschrank steht… Also schnell zurück rennen, JJ aus dem Bett klopfen und die 3km zum Bus hetzen – ich bin spät dran. Es geht doch nichts über einen entspannten Start in den Tag 😁…
Den Trailhead Onion Valley erreicht man nur durch trampen und ich bin froh, einen anderen PCT Hiker zu treffen: Gnocchi, Professor mit lateinamerikanischen Wurzeln. Ich hatte mir vorgenommen, nicht alleine zu trampen, und ohne Gnocchi wäre ich etwas in der Bredoullie gewesen… Nach einer Stunde Wartezeit nehmen uns zwei nette Bergsteiger mit zum Trailhead.
Der Aufstieg geht trotz 20kg im Rucksack (inklusive 3l Wasser) erstaunlich gut, nur die Schultern schmerzen vom Gewicht. Nach 3.15 h erreiche ich den Pass und bin wieder von der grandiosen Aussicht überwältigt ❤️.
Auf dem Kearsarge Pass (3603 m)
Beim Abstieg kommt mir No Nuts entgegen, wir reden kurz miteinander, bevor jeder seiner Wege geht. Schade dass er morgen erst seinen Resupply machen wird und somit ein paar Tage hinter mir ist.
Ich habe mir schon gestern einen geeigneten Campground kurz vor der Trail Junction auf der Karte rausgesucht und als ich ihn ansteuere, bin ich froh: ein wunderbares Plätzchen. Der Sonnenunter- und Mondaufgang ist beeindruckend. Ich genieße mein reichhaltiges Abendessen (ich schaffe nicht mal alles!) und packe dann mein Zeug weg. Hoffentlich besucht mich heute kein Bär, so ganz alleine wie ich hier bin…
Es ist das letzte Mal auf dem PCT, dass ich ohne Wasserstelle campe.
Campground kurz vor der Trail Junction: KM 1269, 3283m
Unterwegs: ca. 4 Stunden, 11,5 km, 800 hm bergauf, 300 hm bergab
(2:30pm – 5:45pm, Aufstieg
5:55 – 7pm, Abstieg)
27. Juni 2018 – Glen Pass und Rae Lakes
PCT Tag 15, Reisetag 44
So einfach wie sich der Aufstieg zum Kearsarge Pass angefühlt hat, so anstrengend ist der Aufstieg zum Glen Pass. Obwohl heute nur 400 Höhenmeter (auf 4km) zu bewältigen sind, habe ich wirklich zu kämpfen. Es überholen mich zwei ältere JMT Wanderer, die eine 5 Tages Tour machen und mir bescheinigen, dass mein Rucksack wirklich sehr schwer aussieht.
Pause an den Rae Lakes
Der Abstieg geht trotz Schneefeld schnell und einfach und schon bald stehe ich am Ufer des ersten glasklaren Sees. Nach einer spannenden sehr schmalen Landbrücke zwischen zwei Seen mache ich in einer kleinen Bucht Mittagspause. Bald gesellen sich Thirsty aus Deutschland und Speedy aus Australien zu mir.
Der weitere Weg führt an den Seen entlang, ich entdecke viele schöne Zeltplätze. Aber für mich ist es noch viel zu früh, um hier mein Lager aufzuschlagen. Nach knapp 4 Stunden erreiche ich schließlich den Campground am Talgrund bei der Suspension Bridge und finde noch einen kleinen Zeltplatz, hier lagern schon einige JMT Hiker.
Als ich mein Abendessen zubereite entdecke ich schließlich, dass ich eines meiner essenziellsten Ausrüstungsgegenstände an den Rae Lakes vergessen habe: meinen Spork! Habt ihr schonmal versucht, Müsli oder Reis ohne Löffel zu essen? Ich kann euch versichern, das ist kein Spaß. Ich esse also die nächste Woche mit einer Plastiktüte und meiner Hand 🙈. Es ist einfach super ätzend.
Als ich entdecke, dass ich an den Rae Lakes offenbar meinen Spork verloren habe, vergeht mir kurzzeitig die Lust am Wandern, am Zelten, an der ganzen Reise.
Auch Thirsty ist hier und wir reden noch eine Weile, bevor sie ins Bett geht. Ich sitze noch lange mit einem JMTler am Lagerfeuer und wir reden über Gott und die Welt, bevor ich viel zu spät ins Bett gehe. Ich bin immer viel zu neugierig auf die Menschen die man hier trifft, als dass ich diszipliniert früh ins Bett gehen könnte…
Campground: Suspension Bridge, Woods creek: KM 1287, 2606m
Unterwegs: 8 Stunden, 18km, 400 hm Aufstieg, 1100m Abstieg
(7:50am – 10:30am, Aufstieg Glen Pass
11:00am – 12:10pm, Abstieg Rae Lake
2:15 – 6:00pm, Abstieg Suspension Bridge)
28. Juni 2018 – Pinchot Pass und viele Höhenmeter
PCT Tag 16, Reisetag 45
Zum Pinchot Pass geht es knapp 1100m auf 11,5km bergauf. Anfangs geht es spannend am Woods Creek entlang, ein mächtiger Fluss, der den harten Granitfelsen formt. Besonders beeindruckend finde ich den Woods Creek Waterslide, an dem der Trail direkt vorbei führt. Man läuft auf dem glattpolierten Granit und nebendran rauscht und rutscht das Wasser vorbei – garniert ist das mit einer tollen Aussicht in das Tal, aus dem ich gestern abgestiegen bin.
An einer der vielen Flussquerungen treffe ich Low&Slow, eine ca. 70 jährige nette Wanderin, die noch langsamer ist als ich 🙂 .
Vor dem Pincho Pass macht der Trail nochmal eine weite Kurve, deswegen weiß ich lange nicht, wo es letztendlich über die Berge geht. Die Felsen sind schön bunt rot gefärbt, hier muss es wohl viel Eisen geben. Ich treffe Doc, den PCT Hiker, der Anfangs ständig seine Füße verarzten musste, und drei sehr nette ältere Dayhiker, die Las Vegas nicht mögen. Sie haben irgendwo in der Nähe ihr Zelt aufgeschlagen und machen Tagesausflüge.
Nach knapp 5,5 Stunden erreiche ich den Pass (3672 m)
Der Weg runter vom Pass ist bisher das Highlight, ich denke andauernd „oh wie schön“, bleibe stehen und muss einfach gucken. Ab und an mache ich auch ein Foto.
Pinchot Pass und Mather Pass sind nah beeinander, und heute muss ich nur ca. 600m absteigen, um im Tal zu stehen. Auch hier fließt ein großer Fluss, der South Fork Kings River. Er hat einige Arme und ich suche zusammen mit einem anderen PCT Hiker lange nach geeigneten Stellen, um den Fluss zu queren. Letztendlich schaffe ich es, komplett über umgestürzte Bäume hinüber zu gelangen, auch wenn das einiges an Suchzeit erfordert.
Abends geht es nochmal bergauf
Ich bin schon recht müde, aber ich hatte heute eigentlich gehofft, wieder mit Thirsty campen zu können. Allerdings bin ich ihr noch nicht begegnet, also muss sie irgendwo vor mir sein.
Mit diesem Gedanken im Kopf beginne ich mit dem Aufstieg ins nächste Tal. Letztendlich finde ich Thirsty nicht, und es werden noch sehr anstrengende und nervenzehrende 5 km und 300 Höhenmeter. An einem Fluss entschließe ich mich, nicht mehr weiter zu gehen und baue mein Lager auf. Es ist seltsam, wenn ich alleine bin, hab ich viel mehr Angst vor Bären und stelle meinen Bear Canister etwas weiter weg als sonst.
Heute war ein sehr langer Tag und dementsprechend schnell und tief schlafe ich auch 🙂
Campground Small Creek beim South Fork Kings River: KM 1310, 3326m
Unterweg: ca. 10 Stunden, 22,5km, 1350m bergauf, 650m bergab
(8am – 1:30pm, Aufstieg Pinchot Pass
1:40 – 2:30pm, Abstieg See
2:55pm – 6:30pm, Ab- und Aufstieg)
29. Juni 2018 – Mather Pass und die Golden Staircase des Palisade Valleys
PCT Tag 17, Reisetag 46
Heute Nacht wurde es so kalt, dass mein Rucksack von einer Eisschicht überzogen ist. Das sind ja fast norwegische Verhältnisse hier 🙂
Ich habe noch nicht so ganz die optimale Frühstücksmenge rausgefunden, manchmal esse ich zu viel und mir ist während der anstrengenden Aufstiege schlecht, manchmal esse ich zu wenig und ich muss bereits nach einer Stunde Energie nachschieben. So auch heute, ich mache auf dem 2.5 h dauernden Aufstieg zum Mather Pass zwei mal eine kurze Snack-Pause… 😛
Hier oben treffe ich auf zwei schwer bepackte JMT Hiker und einen Sierra High Route Hiker, der noch ultraleichter unterwegs ist als die PCTler. Die Sierra High Route ist eine schwierige, unmarkierte und meist weglose Route durch das Hochgebirge der Sierra Nevada, ich bin dementsprechend beeindruckt von dem Mann.
So findet man hier Freunde: Essen verschenken
Mittlerweile ist mir klar geworden, dass ich viel zu viel Essen dabei habe: es passt immer noch nicht alles in den Bear Canister. Meine 500g Packung saure Gummibärchen habe ich noch kaum angefasst, und so verteile ich ein paar handvoll an die drei Hiker auf dem Pass. Ich kann euch versichern, dass man hier mit Verschenken von Essen viel Freude bereiten kann 😊.
Beim Abstieg mache ich Mittagspause an den Palisade Lakes.
Mein Trinkwasser nehme ich übrigens immer aus Bächen und nicht aus Seen, da ich ja keinen Filter dabei habe. Hier im Hochgebirge braucht man ihn aber auch nicht mehr wirklich.
Traumhafter Abstieg ins Palisade Creek Valley
Als ich die Seen verlasse, eröffnet sich ein fantastischer Blick in das Tal des Palisade Creek. Es ist unglaublich schön und beeindruckend, auch wenn das Nachmittagslicht das auf dem Foto nicht 100% wider geben kann. Es bleibt über Stunden so schön, denn hinab geht es über die sogenannte golden Staircase: Der Trail ist so steil, dass er immer wieder mit großen Steinen abgesichert ist, wie eine endlose riesige Treppe. Ich bin froh, dass ich sie nicht hochlaufen muss 😉. Immerhin sind es insgesamt 1.300 m, die ich heute bergab laufe…
Es wird heiß – zurück im Salamanderland
Je tiefer ich komme desto heißer wird es. Ich bin zwar eigentlich traurig, wieder in den Wald hineinzuwandern, aber hier gibt es immerhin etwas Schatten. Salamander huschen über die Steine, die ersten seit Kennedy Meadows.
Der Abstieg geht gefühlt endlos dahin, die drückende Hitze erschwert das Wandern. Ich bin seit Stunden niemandem mehr begegnet, wo sind nur die ganzen PCT Hiker hinverschwunden?
Nach sechs Stunden bergab laufen erreiche ich das Tal, hier ist es erstaunlich unspektakulär und so beginne ich wieder mit dem Aufstieg. Es geht eine Weile am imposanten Middle Fork Kings River entlang, der über einige Wasserfälle neben mir dahinrauscht.
Trailmagic
Bei den Grouse Meadows erlebe ich einen der schönsten Momente auf dem Trail: Die untergehende Sonne zaubert ein fast magisches Licht zwischen zwei Berge. Ich bleibe lange stehen und bewundere das Panorama.
Und nur ein paar Minuten später eröffnen sich schöne Ausblicke ins Tal vor mir, auf das die untergehende Sonne scheint. ❤️
Ich laufe verträumt vor mich hin und als ich um die nächste Kurve biege, steht plötzlich ganz nah ein Reh vor mir. Ich bekomme den Schreck meines Lebens – das Reh auch – wir starren uns einen Moment an, dann springt es die Böschung nach oben. Ich lache und bin wirklich froh, dass es kein Bär war…. 😉
Campen mit Trail Workern
Schon bald überholt mich Boots, ein PCTler, der sich meiner Geschwindigkeit anpasst um sich etwas zu unterhalten. Er trägt feste Wanderstiefel (daher sein Name) und einen großen schweren Rucksack. Er ist unglaublich nett und erzählt, dass er letztes Jahr ein paar Monate als Trail Worker gearbeitet hat, allerdings in der Oregon-Section. Zusammen läuft es sich leicht und so fliegt eine Stunde dahin, bis wir an einer Gruppe vorbei laufen. Ich beschließe hier zu bleiben, da ich nicht wieder alleine Zelten will. Boots möchte zumindest auch hier Abend essen und entdeckt dann, dass er einige aus der Gruppe kennt: Es sind ebenfalls Trail Worker und ein paar waren auch letztes Jahr in Oregon. Zufälle gibts… Wir setzen uns ans Lagerfeuer und Boots packt einen gusseisernen (!!) Topf aus.
Shaun, auch ein Trailworker, leiht mir fürs Abendessen seinen Löffel und ich schenke ihm als Dank ein paar Gummibärchen. Süßigkeiten sind ein wertvolles Gut auf dem Trail 🙂 . Schon bald gehe ich ins Bett, es war ein sehr langer Tag heute.
Campground Bishop Pass Trail Junction: KM 1337, 2660m
Unterwegs: 9h 20min, 27,6km, 550m bergauf, 1350m bergab
(7:30am – ca. 9:50am, Aufstieg Mather Pass
10:00am – 12:00, See-Mittagspause
13:00pm – ca. 17:00pm, im Tal nach Flussfurt
17:30pm – 18:30 / 19:00pm, sanfter Aufstieg)
30. Juni 2018 – Muir Pass und cowboy campen am wunderbaren Evolution Lake
PCT Tag 18, Reisetag 47
Ich beobachte beim Frühstück neidisch einen netten israelischen PCTler, der sich mit seinem extra mitgeschleppten israelischen Kaffee-Set einen Kaffee braut. Er bietet mir eine Tasse an und ich schenke auch ihm ein paar Gummibärchen. Das war einer der besten Kaffees, den ich je getrunken habe!
Einen Monat später lerne ich in Kirgistan, dass Israelis anscheinend nie ohne ihr Kaffee-Set verreisen und selbst jeder Trekker sein eigenes dabei hat 😀
Der Aufstieg kommt mir ewig lang vor und ich denke mal wieder, dass ich einfach überhaupt keine Fitness aufbaue. Zwei PCTler überholen mich, die sind immer noch alle viel schneller als ich… Aber es sind auch einfach über 1000 Meter nach oben, und mein Rucksack ist immer noch schwer.
Beim nächsten See hole ich die zwei PCTler bei ihrer Mittagspause wieder ein und geselle mich zu ihnen: Third Wheel ist aus Amerika und war anfangs mit einem Paar unterwegs, High Tower ist aus Deutschland und zwei Meter groß. Sie machen die ganze Zeit Witze über Ultra Light und Ultra Heavy, weil Third Wheel ungefähr nur halb so viel Gepäck dabei hat wie High Tower 🙂 .
Gemeinsam über den Muir Pass
Zusammen laufen wir weiter und ich bin ganz froh darum: Der Muir Pass hat noch relativ viele Schneepassagen und wir können zusammen nach dem Weg suchen. Ich mag diesen Pass am liebsten, da er noch so natürlich ist: Der Weg ist oft nicht erkennbar und nur mit Steinmännchen markiert, so macht das Wandern richtig Spaß.
Nach 7 Stunden erreiche ich um halb 4 den Muir Pass
Wir machen in der Muir Hut Pause, mittlerweile ist es selbst auf dem Pass so warm dass wir ganz froh um den kühlen Schatten sind. Beim Abstieg frage ich, ob die beiden ein Foto von mir machen können, und sie meinen: „That’s why you hike together!“ 😀
Entspanntes Murmeltier
Wir entdecken ein Murmeltier und ich komme ihm langsam immer näher, während das Murmel völlig entspannt in der Sonne liegt und mich immer wieder prüfend anschaut. Als ich ihm schließlich zu nahe komme (so ca. ab 2m) flitzt es schließlich davon.
Schließlich erreiche ich den Evolution Lake und während ich darum herum laufe, beschließe ich, heute Nacht auf jeden Fall hier zu bleiben – auch wenn Third Wheel und High Tower noch ins Tal absteigen wollen. Erstens ist es hier unglaublich schön und zweitens bin ich so fertig, dass ich kaum noch laufen kann.
Mit letzter Kraft zum Campground am Evolution Lake
Obwohl ich vor Hunger fast vom Fleisch falle, muss ich immer wieder den See im Abendlicht fotografieren. Schließlich komme ich zu einem perfekten Campground, kurz bevor es von der Evolution Basin steil ins Evolution Valley hinabgeht. Hier liegen schon die Schlafsäcke von ein paar anderen Wanderern und ich geselle mich zu ihnen, koche mein Wasser und brühe mir mein Pad Thai auf, worauf ich mich schon lange freue. Danach sehe ich, dass es 30 min ziehen muss. 30 Minuten!! Halte ich noch so lange aus? Ich bin kurz verzweifelt, aber dann sehe ich, was der Sonnenuntergang mit der Landschaft anstellt und ziehe los auf eine kleine Fototour:
Läuft man um einen kleinen Hügel herum, gelangt man zum Ausfluss des Sees. Hier fällt die Landschaft abrupt steil ab, das Wasser fällt scheinbar endlos ins Tal hinab. Alles wird von rosanem sanften Licht beleuchtet. Es ist unwirklich schön und mystisch. Gegenüber geht die Sonne unter.
Als ich zurück komme ist es schon viel später und Papa Peanut meint scherzhaft, er hätte sich schon fast Sorgen gemacht. Ich leihe mir den Löffel von Peanut und genieße endlich mein heiß ersehntes Abendessen. Es schmeckt einfach himmlisch.
Außerdem ist Franz / Cool Runnings hier (er fährt beim Film den Bob der österreichischen Olympia-Bob-Fahrer), ich rede heute nur kurz mit ihm, treffe ihn aber nochmal im Vermillion Valley Resort. Es ist ein sehr schöner und kurzweiliger Abend, aber bald bin ich so müde dass ich mich in meinen Schlafsack verkrieche.
Campground Evolution Lake: KM 1359, 3313m
Unterwegs: 8h 40min, 21,6 km, 1050 hm bergauf, 400 hm bergab,
(8:30am – 10am, Aufstieg
10:30am – 11:50am, Aufstieg
1:00pm – 3:30pm, Aufstieg Muir Pass
3:40pm – 7pm, Abstieg Evolution Lake)
01. Juli 2018 – fast 30 km zum Senger Creek
PCT Tag 19, Reisetag 48
Mehrmals in der Nacht wache ich auf und checke den Himmel, doch immer scheint der Vollmond: keine guten Bedingungen, um romantisch die Milchstraße über dem Bergsee zu fotografieren.
Morgens erwartet mich ein wunderschöner Sonnenaufgang am See, ich muss für mein Frühstück nicht mal den Schlafsack verlassen 🙂
Der 12,6km lange und 750m „hohe“ Abstieg durch das Evolution Valley ist realtiv „langweilig“, man läuft endlos durch mückigen Wald und hat kaum Ausblicke. Zeit für eine kleine Exkursion in die Waldwelt der Sierra Nevada und ihren Mammutbäumen:
Exkursion: Die Sequoia Bäume
Die riesigen Sequoia Bäume fallen im Wald gar nicht so auf, aber man erkennt sie immer sofort an den unglaublich großen Zapfen, die am Boden herum liegen. Ihr Rinde ist bis zu einem gewissen Maß feuerfest, oft sieht man angekokelte Bäume herumstehen. Das kommt nicht von ungefähr: Die Zapfen der Bäume öffnen sich anscheinend nur, wenn heiße Luft eines Waldbrandes nach oben steigt. Die Samen fallen dann auf die frisch mit Asche gedüngte Erde. Die Mammutbäume brauchen also Waldbrände, um sich fortzupflanzen 🙂 .
Die Mammutbäume in der östlichen Sierra Nevada erreichen nicht die Höhe der Redwoods an der kalifornischen Küste oder den Umfang derer im Sequoia Nationalpark, sind aber deutlich größer und breiter als die üblichen Nadelbäume. Durch die ähnliche Wuchsart und Rinde stechen sie aber nicht so deutlich aus dem Wald hervor wie z.b. sehr alte Buchen bei uns.
Rechts: Sequoias mit angekokelter Rinde, die allerdings noch relativ klein sind. Man erkennt sie an der Struktur der Rinde und den riesigen Zapfen am Boden.
Zurück zum Trail: Furt über den Evolution Creek
Heute stehen einige Furten an, unter anderem die gefährlichste auf dem gesamten PCT, über den Evolution Creek. Da ich ein schneearmes Jahr erwischt habe und noch dazu relativ spät unterwegs bin, ist die Furt allerdings harmlos und einfach: Kaum Strömung und Knietief.
In wasserreichen Jahren kann die Furt ein lebensgefährliches Unterfangen werden, 2017 sind leider zwei Wanderer beim Versuch alleine zu furten gestorben.
Bald danach führt der Weg über und am South Fork San Joaquin River entlang, einem sehr großen und wilden Fluss. Über ihn führen einige Brücken, unter anderem an der Grenze vom Kings Canyon National Park zur John Muir Wilderness.
Rechts: Mein allzeit bereites Mückennetz in Verbindung mit meinem Cap macht einen lustigen Matrosen-Schatten
Heute werden die Mücken wirklich zur Plage und noch dazu geht überraschend mein Mückenmittel leer: der absolute Super-Gau! Und das in einem Moment, als sie plötzlich in Scharen auftreten und ich daraufhin hüpfend und fuchtelnd versuche, mein mückendichtes Hemd aus dem Rucksack zu ziehen, während 20-30 Mücken an verschiedenen Stellen auf mir landen. Muss ich sagen wie ätzend das ist? 😉
Trailmagic Part II
Ich bin mittlerweile schon ziemlich müde, ich hatte heute keine richtige Mittagspause und gehe auf 30 gelaufene Kilometer zu. Zwar gab es heute keinen Pass zu bewältigen, doch mit 600 Höhenmetern war es nun auch nicht gerade eine entspannende Etappe. Wie ich mich so den Berg Schritt für Schritt hochschleppe, beschert mir der Trail mal wieder einen magischen Augenblick: Das Licht taucht die am Wegesrand blühenden Blumen in wunderschönes warmes Licht, die Landschaft liegt friedlich und still da, keine Mücken weit und breit. Ich bleibe stehen und bin überwältigt von der Stimmung hier, von der Landschaft, von dem Licht, und die Strapazen sind für einige Momente vergessen.
An der ersten geeigneten Stelle für ein Zelt baue ich mein Lager auf und verschwinde schon ziemlich bald im Schlafsack. Der heutige Tag hat durch die eintönige Landschaft und die Mücken an mir gezehrt. Ich fühle mich etwas einsam und allein.
Campground am Senger Creek: KM1386, 2972m
Unterwegs: ca. 9h 30min, 29,2km, 600m bergauf, 900m bergab
(8am – 1pm, Riegelpause
1:45pm – ca. 4:45pm, mit vielen kleinen Pausen
5pm – 7pm, 1x 15min Pause)
02. Juli 2018 – Selden Pass und Sterne gucken
PCT Tag 20, Reisetag 49
Heute gehts mir besser und ich beschließe, einen Nero einzulegen und am Marie Lake zu bleiben. Nach langem ausschlafen und einem gemütlichen leichten Aufstieg mache ich also erst mal lange Pause an einem See, bis mich kleine schwarze Mücken von dort vertreiben.
Der Aufstieg zum Selden Pass ist unglaublich kurz, und auf dem Pass gibt es noch erstaunlich viel Vegetation: nähere ich mich etwa schon dem Ende der High Sierra?
Kaum kann ich auf die andere Seite linsen, eröffnet sich mir die schönste Aussicht auf dem PCT. Ich stehe da und bin erst mal ziemlich geplättet, bis ich die vielen Mücken um mich herum bemerke. Wo kommen die denn her, auf der südlichen Seite des Passes gabs die doch noch nicht?
Auf dem Pass habe ich eine interessante Begegnung: Mir kommt ein Mann entgegen, der dick verpackt ist und über das ganze Gesicht strahlt. Er verströmt regelrecht Glück. Ich schaue ihn genau an, dieses Glück-triefen kommt mir so bekannt vor. Und da fällt es mir plötzlich wieder ein: Ich habe diesen Mann vor über einer Woche auf dem Weg zum Mount Whitney gesehen! Unglaublich, diese Aura ist wirklich unverkennbar. Er erzählt, dass er vom Mount Whitney nordwärts gegangen ist, dann ins Tal zurück und jetzt in Tuolumne wieder eingestiegen ist, um südwärts zu laufen. Die Permits, die er bekommen hat, haben keine andere Wegführung zugelassen. Seiner Freude tut das keinen Abbruch 😉
Zu viele Mücken für einen entspannten Nero
Ich laufe runter zum See und obwohl es hier so unglaublich schön ist und ich gar nicht weg will, ergreife ich die Flucht: So viele Mücken wie hier gab es fast noch nie auf dem Trail. Angesichts meines leeren Mückenmittels steht es außer Frage, ich kann hier nicht bleiben.
Keine Wahl: Ich muss zum Vermillion Valley Resort
Der Nero ist gestrichen und ich beschließe, möglichst schnell nach VVR zu gehen, damit ich mir neues Mückenmittel kaufen kann. So ist das irgendwie leider echt nicht so spaßig.
Der folgende Abstieg ist recht unspektakulär, bis auf die zweitgrößte Furt des Trails über den Bear Creek. Doch nach kurzem antesten merke ich, dass sie kein Problem ist und laufe zügig durch und weiter.
Beim Aufstieg auf den Bear Ridge begegne ich zwei campierenden Jungs, die mir netterweise etwas von ihrem Mückenmittel schenken, so dass ich mir die Beine einsprühen kann. Durch meine Leggins können die Mücken mühelos durchstechen.
Traum-Campground auf dem Bear Ridge
Schließlich erreiche ich beim Aufstieg ein steinernes Plateau mit weiter Aussicht, der perfekte Lagerplatz. Weiter unten campt ein französisches nettes Paar. Ich bin ganz froh, dass sie hier sind, obwohl ich nur kurz mit ihnen rede und sie recht weit weg sind.
Nachts kann ich vor dem Aufgehen des Vollmonds endlich die Milchstraße beobachten. Ich staune und fotografiere und friere und bin mal wieder froh, hier zu sein.
Campground Bear Ridge: KM 1406, 2887m,
Unterwegs: ca. 8h, 19,8 km, 500m bergauf, 600m bergab;
(9:30am – 11:15am, Sallie Keyes Lakes
1:00 – 3:10pm
3:30pm – 7:30pm Ab- und Aufstieg)
03. Juli 2018 – Nero im Vermillion Valley Resort
PCT Tag 21, Reisetag 50
Sanft wecken mich Mücken, die in meinem Gesicht landen. Uäh!
Ich habe nicht viel Zeit, um die 10 km bis zur Fährenabfahrt am Lake Thomas A Edison zu schaffen, und so gehe ich zügig und ohne große Unterbrechungen. Es geht eigentlich die ganze Zeit durch Wald, anfangs begleiten mich schöne gelbe Blumen, später Birkenwälder und ein paar sehr beeindruckende Sequoias. Die Fähre ist klein und der Fährfahrer sehr nett und gemütlich. Die Fahrt über den See ist auf jeden Fall ein tolles Erlebnis und die paar Dollar absolut wert, die sie kostet.
VVR – Einfach schön!
Ich habe durchaus gemischtes über das VVR gelesen, von „völlig überteuert“ zu „beste Burger der Welt“. Ich weiß gar nicht mehr, was ich zum Abendessen gegessen habe, aber es war eine unglaublich große und leckere Portion. Teuer fand ich es dort nicht, die Travel Lunches waren sogar billiger als beim Walmart und das erste Getränk ist für Wanderer kostenlos. Man zahlt seine Rechnung allerdings nicht sofort, sondern bekommt bei der Abreise eine gesamte Rechnung. Ich kann mir gut vorstellen, dass so mancher PCTler nach einem Pausentag mit viel Speis und Trank aus allen Wolken fällt… Was aber eher an der Menge des Konsums denn an den Preisen liegt 😉 .
Es sind eine Menge toller, netter und offener Leute hier und ich treffe ein paar PCTler wieder, die ich teilweise vor über einer Woche getroffen habe. Gotham ist z.B. seit ein paar Tagen hier, weil er Probleme mit der Achillesverse hat und auch die zwei Australier, die den Grand Canyon entlangepaddelt sind, haben viele lustige Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel haben sie nach 20 Jahren Beziehung in Lone Pine spontan geheiratet 🙂 .
Auch Thirsty und Gnocchi treffe ich hier endlich wieder und rede viel mit ihnen, und in einer Hiker Box finde ich doch tatsächlich einen hölzernen Kochlöffel! The Trail provides.
Ich kaufe Mückenmittel, nehme noch lecker aussehendes Essen aus den Hiker Boxen mit und genieße einfach die Zeit mit den Menschen hier. Ursprünglich wollte ich nur einen kurzen Einkaufsabstecher machen, doch da man hier umsonst zelten darf und ich die Gesellschaft hier so genieße, bleibe ich über Nacht. Eine hervorragende Entscheidung, denn ab jetzt habe ich wieder eine Trail Family 🙂
Im nächsten und letzten Abschnitt meiner Wanderung auf dem Pacific Crest Trail und John Muir Trail wandere ich bis Tuolumne Meadows im Yosemite National Park. Es warten noch einige spannende Pässe, schöne Bergseen und tolle Begegnungen auf mich.
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