Pacific Crest Trail Teil 1: Walker Pass bis Kennedy Meadows
Aufgeregt, gespannt, vorfreudig: durch meinen Körper summen gerade viele Gefühle. Es ist der 12.06.2019, Tag 29 meiner USA Reise, Tag 0 meiner Wanderung auf dem PCT. Es ist alles bereit: Meine „normalen“ Klamotten und sonstiger Schnickschnack ist in einem Paket auf dem Weg nach Hause, ich habe meine unbequeme Trekkinghose gegen eine bequeme Leggins eingetauscht, mein Rucksack steht fertig gepackt mit Essen für fünf Tage in der Zimmerecke, das Taxi ist für morgen um 6 Uhr bestellt. Ich drehe noch eine letzte Runde durchs Zimmer, ziehe nochmal die Rucksackgurte fest und falle totmüde ins Bett.
Du planst selbst eine Wanderung auf dem PCT oder JMT?
Les dir meinen Beitrag zur Planung durch: Dein Survival-Kit für den John Muir Trail
Alle Berichte über meine Wanderung auf dem PCT / JMT findest du hier: Übersicht PCT / JMT
13. Juni 2018 – Start am Walker Pass
PCT Tag 1, Reisetag 30
Greyhound Busse haben in den USA einen recht schlecht Ruf – zu unrecht, wie ich finde. Mein Uber Taxi fährt mich zum Busbahnhof und ich bin sehr überrascht, wie ordentlich und strukturiert hier alles abläuft. Es erinnert mich mehr an die Bahn als an Fernbusse, es gibt elektronische Anzeigen mit den Abfahrten. Alle Leute warten in einer großen Wartehalle – zugegeben, es sieht schon ein bisschen aus wie eine Sammelstelle für lauter verrückte (oder interessante) Leute. Die Busse werden ausgerufen und alle Fahrgäste stellen sich in einer Schlange auf, die Tickets werden kontrolliert und dann darf man erst einsteigen. Familien werden nach ganz vorne gerufen, damit sie zusammen sitzen können.
Die Fahrt ist recht gemütlich und in Bakersfield fahre ich nach 30 minütiger Wartezeit weiter nach Lake Isabell. Dort steigt noch ein Rucksackträger mit mir aus und er frägt mich gleich, ob ich auch zum PCT will. Justin hat 8 Wochen Zeit und möchte die Sierras und NorCal (Nordcalifornien) wandern. Während wir zwei Stunden auf den nächsten Bus warten, kommen wir im Subway ins Gespräch und lernen auch noch einen anderen PCT Hiker kennen, Penguin Pants (er trägt eine Schlafanzughose mit Pinguindruck). Ich bin froh, so schnell „Anschluss“ zu finden und nicht allein rumsitzen zu müssen.
Auf der anschließenden Fahrt in dem sehr kleinen Bus zum Walker Pass unterhalten sich typisch Amerika alle Insassen miteinander und die Zeit vergeht im Flug. Vor mir liegen nun 80 Kilometer bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit und 20 km bis zur nächsten Quelle. Ich starte also mit 7 Litern Wasser und Essen für fünf Tage.
Es ist mittlerweile zum Glück recht angenehm warm und nicht mehr wie mittags brüllend heiß. Justin und ich beschließen, eine Weile miteinander zu wandern. Er redet viel und legt ein ganz schönes Tempo vor, ich bin vollauf damit beschäftigt nicht abzufallen und gleichzeitig genügend Luft zu bekommen. Man könnte meinen, ich saß die letzten Wochen nur auf der Couch rum… 😉 Aber immerhin schleppe ich hier gerade 7 Liter Wasser den Berg hoch, was durchaus anstrengend ist.
„How old are you?“ – „28. And you?“ – „29. Oh, we both look young for our age! That’s awesome!“
Justin ist sehr bescheiden… 😉
Die Landschaft ist wunderschön. Endlich habe ich wieder Berge um mich! Wie habe ich sie vermisst. Das Licht ist zauberhaft und ich bin so froh, hier zu sein. Die Wüste ist anders als in Utah, es wachsen ganz andere Pflanzen und die Bäume stehen weit auseinander. Auch das Licht erscheint mir viel weicher.
Nach dem ersten Anstieg läuft es sich auch merklich leichter und wir wandern noch 5 Meilen (ca. 8 km) bis zu einem auf der Karte als geeigneten Campground markierten Platz (hinter Morris Peak). Es dämmert mittlerweile und ich erkenne im Schummerlicht Schlafsäcke und Zelte: Hier liegen schon ca. 8 Leute verstreut herum. Ich baue schnell mein kleines Zelt auf und helfe danach, Justins Zelt aufzubauen. Er hat es neu, erst ein Mal aufgebaut und ist etwas überfordert… Schließlich liege ich endlich in meinem Schlafsack, freudig, glücklich und gespannt, wie es morgen wird.
Campground: KM 1057, 1983m
Unterwegs: ca. 6pm – 8:30 pm, ca. 8 km, ca. 370 hm bergauf
14. Juni 2018 – Desert Hike
PCT Tag 2, Reisetag 31
Ich wache um 7am erschrocken auf und fühle mich mal wieder von meinem Wecker verarscht: Er schaltet sich nach einer Minute klingeln von selbst aus. Mein Schlaf muss wirklich ziemlich tief gewesen sein, aber andererseits auch kein Wunder, war ich von den letzten Tagen doch ziemlich geschafft. Justin schläft noch, alle anderen sind schon weg. Da merkt man eben die unerfahrenen Section-Hiker… 😉
Als ich um 8 Uhr dann endlich aufbreche, geht es größtenteils bergab und daher auch gut voran. Man läuft immer am Bergrücken entlang, der Weg windet sich von einer Bergflanke zur nächsten und die Landschaft ist schön. So macht das laufen Spaß, auch wenn das Licht hart wird und die Sonne immer höher steigt. Es wird heißer und heißer, meine Schultern beginnen zu schmerzen und ich sehne die Quelle herbei.
Nach über drei Stunden erreiche ich Joshua Tree Spring, hier begegnen mir heute auch das erste Mal andere Wanderer. Die Quelle ist ein sehr kleiner, kaum noch fließender Bach.
Ich fülle mein Wasser auf, koche Mitagessen und während ich esse kommt zuerst Penguin Pants und dann Justin. Ich lege mich hin und schlafe ein bisschen. Es ist eine seltsame, aber positive Stimmung. Es liegen viele Wanderer im Schatten herum, aber es wird nicht miteinander geredet, die meisten essen oder schlafen. Ich denke an meine Wanderung durch den Zion Nationalpark und wie viel wohler ich mich hier fühle, allein durch die Tatsache, dass andere Menschen um mich herum sind.
Um 3pm breche ich mit wenig Wasser im Gepäck wieder auf. Es geht nun eher bergauf und ich merke schnell, dass es eigentlich noch viel zu heiß ist, es ist furchtbar anstrengend. Die schöne Landschaft entschädigt für die Strapazen, aber ich beschließe, morgen noch länger zu pausieren.
Trotzdem komme ich ganz gut voran und schaffe es in 2,5 Stunden bis zur nächsten Quelle. Auch Justin ist schon hier, es ist wirklich lustig, wie sich alle immer an den Quellen versammeln. Außerdem lerne ich Ray Now aus der Schweiz und Turbo aus Los Angeles kennen. Letzterer ist heute am Walker Pass gestartet und bleibt für die Nacht hier.
„Are you a Section Hiker?“ – „Yes, how did you know?“ – „Your cap is too clean for a thruhiker“
(Ich war ja der Meinung, dass mein Cap nach 4 Wochen wandern in Utah und Arizona schon ziemlich staubbedeckt und ramponiert aussah, aber als ich die PCT Hiker aufmerksamer beobachtete, wurde mir sehr schnell klar, was Turbo meinte… 😉 )
Ich mache mit Ray Now, Thor und ChilliMac an der schönen Quelle mit dem vielen Schatten nochmal ausgiebig Pause. Die drei erzählen begeistert vom Trail, wie sehr ihnen das Leben gefällt und wie sehr sie die Wüste genossen haben. Sie rauchen 2 „Pötte“ (ich wusste bis dato nicht, dass kiffen in Kalifornien erlaubt ist) und laufen weiter. Eine Stunde später breche ich auch wieder auf, es ist mittlerweile sogar in der Sonne auszuhalten.
Kleine Trailkunde: In Amerika ist es Tradition, sich bei Langstreckenwanderungen gegenseitig Trailnamen zu geben. Einfache Namen für ein einfaches Leben. Trailnamen sind leicht zu merken und haben meistens eine kleine Geschichte. Ich bin sogar einem ca. 70-jährigen Hiker begegnet, der seinen Trailnamen seit seiner ersten Wanderung vor 50 Jahren trägt.
Ray Now z.B. hatte einen komplizierten deutschen Namen, so dass die anderen meinten „We just call you Ray now“, Thor kommt aus Finnland und hat rote Haare und einen langen Bart, Turbo wandert sehr langsam und die Strecke des PCT über mehrere Jahre… Trailnamen können entweder sehr schnell vergeben werden, doch manchmal muss man auch mehrere Wochen wandern, um einen passenden zu bekommen.
Ich hatte übrigens keinen Trailnamen auf dem PCT 😉
Es geht jetzt steil nach oben und es ist sau anstrengend, einige Wanderer überholen mich. Ich bin sehr langsam. Immer schön einen Fuß vor den anderen. Immer wieder muss ich Pause machen, obwohl ich versuche, langsam und stetig zu gehen, ich habe einfach keine Kraft mehr. Irgendwann hole ich überraschenderweise Justin ein, er reibt sich gerade mit einem Tuch Schokolade vom Gesicht, weil er sich sehr schnell sehr viel Trailmix einverleibt hat: Auch er ist am Ende seiner Kräfte.
Gemeinsam gehen wir weiter, der Sonnenuntergang ist wunderschön. Justin geht zwar generell schneller als ich, muss aber immer wieder über seine Stecken gebeugt schwer atmend stehen bleiben, während ich weiter laufe. So haben wir insgesamt dann doch das gleiche Tempo.
Unsere App sagt, es ist nur noch eine Meile bis zum Campground am Grat. So weit! Die Steigung macht mich echt fertig. Wir begegnen vier Thruhikern, die gerade nach einer Pause aufbrechen und uns ihren Pausenplatz als Campground empfehlen. Justin beschließt sofort, hier zu bleiben, während ich mir den Zeltplatz erst mal anschauen will. Man läuft einige Meter vom Trail weg auf einen kleinen Felsvorsprung, auf den tatsächlich genau zwei Zelte passen. Es ist total schön und idyllisch. Ich schätze Justin nicht so ein, dass er plötzlich zum Psycho wird, wenn wir hier allein sind und beschließe, ebenfalls zu bleiben.
Es ist wirklich ein toller Platz, unsere Zelte passen genau hin und man hat eine schöne Aussicht in drei Richtungen. Ich bin wirklich froh, hier geblieben zu sein. Ohne die aufbrechenden Thruhiker hätten wir den Platz nie gefunden.
Lustiger Zwischenfall: Justin kocht sich konzentriert Essen, als ich mir neben ihm mit einer zwischen den Knien eingeklemmten Flasche die Hände wasche. Er dreht sich total erschrocken um: „Oh god, I just thought you are peeing!“ Wer brechen beide total ab und lachen erst mal ziemlich lange ziemlich laut. Er meint, er dachte „We got too close way too fast“ und ich erkläre ihn für ein bisschen verrückt 😉
Nachts strecke ich nochmal meine Nase aus dem Zelt um den Himmel abzusuchen, und tatsächlich: Eine wunderschöne Milchstraße spannt sich über den Himmel! Es ist einfach wunderschön.
Campground: KM 1082, 1993m
Unterwegs: 8h 15min Gehzeit
ca. 25 km, 480 hm bergauf
(8am – 11:30am
3pm – 5:30pm
6:30pm – 8:45pm)
15. Juni 2018 – Night Hike
PCT Tag 3, Reisetag 32
Obwohl ich bereits um 6am aufstehe, komm ich erst um 8am los – Justin steht nämlich irgendwann auch auf und ich verquatsche mich total…
Der Weg rauf zum Pass zieht sich dann noch eine Weile und ich bin wieder froh, auf dem kleinen Felsvorsprung übernachtet zu haben. Oben angekommen kann man weit ins schöne Tal blicken und langsam verändern sich die Berge, es wird viel grüner. Als ich eine kurze Riegelpause einlege überholt mich ein Mädchen, mal wieder der erste Mensch heute.
Ab 10am wird es richtig anstrengend, die Hitze drückt mich nieder. Ich überhole das Mädchen von vorhin, es rastet in einem Baumschatten. Lustig, wie man die Leute immer wieder sieht, das kenne ich so gar nicht.
Der Tagesrhythmus auf dem Trail wird von der Sonne und den Quellen bestimmt. Die Wasserquellen sind teilweise 20km auseinander, man muss gut planen, um nicht dehydriert auf dem Trockenen zu stranden. Ich überprüfe stets, wie weit die nächste Quelle ist: Mittagsrast, Campground, Wasservorrat, alles wird daran gemessen. Mittags wird es so heiß, dass man es in der Sonne kaum aushält.
Für mich ist es daher am Besten, mittags 4–5 Stunden an einer Quelle im Schatten zu rasten und dabei meine Hauptmahlzeit zu kochen. Abends campe ich oft ohne Wasser (dry camping) und esse nur eine Kleinigkeit. Natürlich muss man dann sehr sparsam mit dem Wasser sein, Zähneputzen und waschen dürfen dann kaum Wasser verbrauchen.
Ich checke immer öfter das GPS, wann erreiche ich endlich den Fluss? Auf den ausgedruckten Karten fällt mir die Orientierung schwer, die Bäume versperren die Sicht und ich kann die umliegende Landschaft nicht lesen. Ich bin es eigentlich gewohnt, mit Papierkarten zu wandern, aber hier im Wald braucht man (ich) schon ein GPS.
Nach 14 km komme ich um 12 Uhr am Fluss an, suche mir eine Schattenstelle und ziehe meine Schuhe aus – ich habe mal wieder einige neue Blasen gesammelt. Nimmt das denn nie ein Ende? Normalerweise habe ich mit Blasen eher keine Probleme. Jetzt reihen sie sich förmlich an meinen Fersen auf.
Während ich Wasser koche läuft jemand an meinem schattigen Plätzchen vorbei und sieht sich fragend um. Ich winke automatisch und er dreht sich daraufhin um und setzt sich zu mir. Wir unterhalten uns ganze 30 Minuten auf englisch, bevor wir bemerken, dass wir beide Deutsch sind. No Nuts studiert Psychologie in Dresden, ist mega nett und hat eine Nussallergie. Er hat auch ziemliche Probleme mit den Füßen und so unterhalten wir uns einige Zeit über Blasen, Socken, Schuhe und das Wüstenwandern. Ich werde mich auch in Zukunft auf dem PCT mit sehr vielen Leuten über Füße, Blasen, Socken und Schuhe unterhalten, ich denke, das bringt die Natur der Sache so mit sich… 😉
Diesmal wird es eine sehr gesellige Rast, da nach einigen Stunden eine Freundin von No Nuts (Firecracker mit roten Haaren) und ein Bekannter (Maps, nur mit Papierkarten unterwegs) sich zu uns gesellen und wir uns gut unterhalten.
Erst um 5pm breche ich auf, es ist mittlerweile angenehm kühl. Es geht stetig bergauf und ich komme an der letzten Quelle für die nächsten 16km vorbei, sodass ich mir nochmal 5 Liter Wasser mitnehme. Selbst mit dem Zusatzgewicht geht es gut voran und das Laufen ist wirklich angenehm.
Das GPS auf meinem Handy spinnt mal wieder, und so schätze ich meinen Standort anhand der Karten und wegen dem lichten Wald völlig falsch ein. Ich denke, ich komme unglaublich schnell voran, so dass ich bei diesem Tempo locker noch den Berg runter laufen kann, um zum nächsten Campground an einer Dirt Road zu gelangen. Es beginnt bereits zu dämmern, als ich eine wunderschöne Wildflower-Section erreiche, ein ehemaliges Waldbrand-Gebiet. Es wirkt, als würden die Berge um mich herum in Gelb erstrahlen. Wunderschön.
Kurz danach kreuze ich eine Dirt Road, die hier eigentlich nicht sein sollte, wodurch ich meine Position etwas länger auf der Karte suche. No Way! Ich liege völlig falsch mit meiner Lokalisation und habe gerade mal die Hälfte des Anstiegs! Ich bin einigermaßen frustriert.
Laut Karte ist es hier überall ziemlich steil (in echt auch), so dass man nirgendwo sein Zelt aufschlagen kann. Es wird immer dunkler. Ich laufe immer schneller, da ich fest entschlossen bin, die Dirt Road zu erreichen: Ich will nicht hier in völliger Einsamkeit, mitten im Nirgendwo, alleine zelten. Und vor allem möchte ich nicht im Dunkeln mein Zelt alleine aufschlagen.
Mein erster Night Hike?
Ich bin ziemlich aufgeregt und auch ein kleines bisschen ängstlich, da ich sicher im Dunkeln wandern werden muss. Die Geschichte von Penguin Pants und seiner nächtlichen Puma-Begegnung kommt mir in den Sinn. Aber ich sage mir: Was soll schon passieren, die Thruhiker machen das dauernd! Ich mache ein Video mit der Handykamera und rede von meinem bevorstehendem Night Hike, was mich beruhigt und alles normal wirken lässt. Dann packe ich meine Stirnlampe in meine Jackentasche, damit ich sie griffbereit habe. Noch kann man dank Streulicht und der exponierten Pfadführung den Weg erahnen.
Mit dem allerletzten Streifen orangenem Licht am Horizont erreiche ich schließlich den höchsten Punkt des Berges und bemerke überrascht, dass Zelten hier super möglich ist. Und im nächsten Moment entdecke ich Schlafsäcke zwischen den Büschen! Es ist irgendwie total schön, völlig unerwartet in einen Lagerplatz zu laufen und ich bleibe natürlich hier oben.
Es ist aber trotzdem aufregend, weil ich diesmal nur meine Unterlage und Isomatte ausrolle und einfach „Cowboy campe“, wie man das hier nennt. Ich snacke noch ein paar Nüsse im Schlafsack und beobachte den Himmel.
Es ist wunderbar, im Schlafsack die Sterne zu beobachten. Ich nehme meine Brille ab und beneide in diesem Moment Normalsichtige, weil sie für den Sternenhimmel einfach nur im Liegen ihre Augen öffnen müssen. Ich dagegen sehe jetzt nur noch ein paar verschwommene Flecken. So aufregend die Nacht begonnen hat, desto entspannter bin ich jetzt an diesem schönen Ort.
Zwei Mal habe ich Nachts das Gefühl, ein Tier schnuppert an meinem Essensbeutel zu meinen Füßen und ich strampel in meinem Schlafsack um es zu verjagen – Aber vielleicht war das ja nur ein Traum.
Campground: KM 1107, 2373m
Unterwegs: 7h 45min Gehzeit
ca. 24 km, knapp 800 hm bergauf
(8am – 12am
5pm – 8:45pm)
16. Juni 2018 – Kennedy Meadows
PCT Tag 4, Reisetag 33
Ich wache auf, weil mir die Sonne ins Gesicht scheint. Kann man schöner geweckt werden?
Es ist wunderbar, im Schlafsack zu dösen, immer wieder die Augen zu öffnen und den Sonnenaufgang zu beobachten. Um mich herum stehen die anderen Wanderer einer nach dem anderen auf, packen zügig ihr Zeug zusammen und brechen auf. Ich bin beeindruckt, wie schnell das geht.
Schließlich stehe ich auch auf und laufe los. Ich bin schon gespannt, wie weit ich es heute schaffe. Die letzten Tage habe ich viel mehr Kilometer geschafft, als ich gedacht hätte.
Es geht weiter an den Berghängen entlang, man hat weite Sicht und kann erkennen, wie der Trail verläuft. Ich liebe sowas.
Irgendwann höre ich hinter mir ein Geräusch, blicke mich um und hinter mir hat ein PCTler aufgeschlossen und ist bereit, zu überholen. Das ist wie auf der Autobahn, wenn von ganz weit weg ein Auto zu erkennen ist und wenn man 2 Sekunden später in den Spiegel schaut, klebt es plötzlich hinter einem… Ich mache Platz auf dem schmalen Trail und irgendwie kommen wir ins Gespräch, sodass ich eine Weile mit doppelter Geschwindigkeit hinter ihm herlaufe. Er heißt Backtrail, er musste mal eine halbe Tagesetappe zurücklaufen, da er sein Essen am Lagerplatz vergessen hatte… Ich genieße solche Begegnungen mit den Menschen hier, alle sind immer nett und jeder hat eine eigene Geschichte.
Es dauert nicht lange und ich kann das Tempo nicht mehr halten, und schon bald ist er um die nächste Kurve verschwunden. An einem kleinen Fluss mache ich kurz Pause, versorge meine blasengeplagten Füße und treffe das erste Mal auf Chris & Pete aus Australien. Sie erzählen, dass sie vor dem PCT eine 21-tägige Schlauchboot-Tour den Colorado hinunter gemacht haben. Ich werde sie die nächsten Wochen immer wieder sehen, sie sind ein sehr nettes, humorvolles und ungewöhnliches Paar.
Der restliche Weg nach Kennedy Meadows verläuft größtenteils Flach in einem weiten Tal. Um 12 Uhr erreiche ich den South Fork Kern River, dem ich in den nächsten Tagen immer wieder begegnen werde. Ich habe mich etwas im Wasser verschätzt und bin mittlerweile bereits etwas „ausgetrocknet“ ;).
Da es nur noch etwas über 8km nach Kennedy Meadows sind breche ich schon um 2 Uhr wieder auf, der Weg ist wirklich schön und zieht sich über einige liebliche Hügel. Die letzten 1,6km verlaufen dann an der Straße entlang und fühlen sich eeeendlos an, ich checke bestimmt 5x das GPS wie weit es noch ist… 😉
Den General Store hört man, bevor man ihn sieht. Es spielt laute Musik, ich laufe etwas „versteckt“ zum Campingplatz und komme so ungesehen hinein. Es ist nämlich Tradition, für alle Neuankömmlinge zu klatschen, weil sie die Wüste Kaliforniens „überlebt“ haben. Da ich aber nur 3 Tage hier unterwegs war, würde es sich für mich total falsch anfühlen, Applaus zu bekommen. Smokie, ein netter Hiker erklärt mir, wie hier alles abläuft und ich suche mir einen geeigneten Zeltplatz.
Es ist schwer Kennedy Meadows zu beschreiben. Für mich war es ein sehr ungewöhnlicher Ort, anders als alles, was ich bisher gesehen habe. Es herrschte dort auch eine ganz besondere Stimmung. Das rührt sicher davon, dass es ein sehr wichtiger Punkt auf dem PCT ist: Er markiert das Ende der Wüste, der Wasserlosigkeit, und den Anfang der Berge und des Schnees.
Ich dusche erstmal, kaufe mir Oreos und Bier und schaue dann, ob ich jemanden entdecke, den ich kenne. Justin und Turbo sitzen zusammen und winken mir gleich zu, als sie mich sehen. Hinter uns spielt Live Musik, es wird ein sehr lustiger, langer und bierseliger Abend. Irgendwann tanzen alle in ihren Daunenjacken, was irgendwie ein echt lustiger Anblick ist.
Es ist echt ganz cool hier, ich treffe im Laufe des Abends fast jeden wieder, den ich die letzten Tage auf dem Trail getroffen habe. Um halb drei verziehe ich mich schließlich in mein Zelt.
Campground: KM 1127, 1824m
Unterwegs: 7h 10min Gehzeit
ca. 24 km, knapp 100-200 hm bergauf
(7 – 9:30am
10 – 12am
2 – 4:40pm)
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