522,5 km auf dem Pacific Crest Trail & John Muir Trail
27 Tage voller Abenteuer, Genuss, Qualen, fantastischer Momente und einfach nur Durchhalten. 522 Kilometer in wilder, fantastischer und beeindruckender Natur mit wunderbaren Menschn. Ich träume mich immer noch oft dorthin und vermisse das Trailleben.
Die Weitwanderwege in den USA sind mir schon länger ein Begriff, und als ich die USA als Reiseziel auserkoren hatte, kam der Pacific Crest Trail schnell in die nähere Auswahl. Er führt von Mexiko nach Kanada immer durch die Coast Mountain Range, daher auch der Name „Crest“, also „Kamm“ Trail. Als ich aber erfuhr, dass es darüber sogar einen Hollywood-Film gab und der Trail dementsprechend beliebt war, wuchsen meine Zweifel. Ich wollte nicht in einer Horde anderer Menschen wie in den Alpen wandern.
Doch je mehr ich mich mit dem Thema befasste (und zwischendurch auch von der Existenz des John Muir Trails erfuhr), desto mehr fühlte ich mich bestätigt: Der PCT klang so schön, wild und interessant, außerdem verteilen sich auf 4000 Kilometer die Menschen doch recht gut… 😉 Die Wahl fiel also dann recht schnell auf das kalifornische Teilstück in der Sierra Nevada. Das „Herzstück“ des PCT. Ich wurde nicht enttäuscht.
Du planst selbst eine Wanderung auf dem PCT oder JMT?
Les dir meinen Beitrag zur Planung durch: Dein Survival-Kit für den John Muir Trail
Start am Walker Pass: Das Tor zu den Sierras
Ich entschloss mich, meine Wanderung am Walker Pass zu beginnen. Er markiert das Ende einer der längsten Abschnitte ohne Wassernachschub und liegt noch „mitten in der Wüste“. Da ich aus der Wüste von Utah kam, wollte ich nicht gleich mitten in die Berge purzeln und entschloss mich, zumindest das letzte Stück aus der Wüste Kaliforniens herauszuwandern. Ich wollte den Wechsel zwischen Trocken und Wasser erleben, zwischen Vorgebirge und Hochgebirge.
Das war mit die beste Entscheidung überhaupt, denn die ersten Tage nach dem Walker Pass waren zwar unglaublich anstrengend, heiß und wasserlos, aber auch unglaublich schön und eindrucksvoll.
Vorbereitungen
Das erste Hindernis war, ein Permit zu beantragen. Ich recherchierte die durchschnittliche Laufleistung der PCT Hiker und zog für mich ein paar Meilen ab, um zu errechnen, wie weit ich wohl kommen würde. Dann beantragte ich ein PCT Section Permit für meinen Teilabschnitt und ich Glückspilz bekam auch eines!
Da ich so viel mit der Planung meiner erste vier Wochen in den USA verbrachte, hatte ich gar nicht viel Zeit für die Planung des PCT. Ich informierte mich hauptsächlich über die Resupply-Orte, denn auf dem PCT selbst kann man in den Sierras kein Essen einkaufen. Man muss den Trail über Pässe und lange Wanderwege verlassen und in nahegelegenen Resorts oder Städten einkaufen, was meist einen Tag Umweg bedeutet.
Bei meinem ersten Resupply Point (Kennedy Meadows) war ich mir unsicher welches Essen man kaufen konnte, also schickte ich mir selbst ein Paket mit Essen dorthin. Doch dieses kam nie an und bescherte mir während der Reise eine Menge Ärger. Nach dieser Erfahrung würde ich jedem empfehlen, ohne Resupply Packages durch die Sierras zu wandern, da das ohne Probleme möglich ist.
Letzendlich habe ich bei weitem nicht die Strecke geschafft, die ich laufen wollte. In Gedanken hätte ich es ja fast bis in den Lassen Volcanics National Park geschafft, doch in der Realität bin ich „nur“ bis zum Yosemite National Park gekommen… 😉
Ich bin folgende Etappen gelaufen:
Teil 1: Walker Pass (inkl. Fahrt von Las Vegas) – Kennedy Meadows
3 Tage: 80 km, 2500 m hoch, 2300 m runter
Hier läuft man noch durch die Wüste, Quellen sind teilweise 20 km auseinander und man muss die Tagesetappen gut planen, damit man nicht plötzlich ohne Wasser da steht. Die Landschaft ist allerdings ein Traum.
-> Link zum Tourbericht des ersten Abschnittes
Teil 2: Kennedy Meadows – Kearsarge Pass nach Bishop
8 Tage: 180 km, 6700 m hoch, 5700 m runter
(davon ein Tag Besteigung des Mount Whitney mit 30 km und 1400 Höhenmetern)
Ab Kennedy Meadows geht es langsam ins Hochgebirge. Betonung liegt klar auf langsam, die ersten Tage nach Kennedy Meadows haben mich stark an den bayerischen Wald erinnert. Sanfte Hügel, viel Wald, wenig weite Sicht. Erst ab dem Mount Whitney, dem höchsten Punkt auf dem PCT (und der „Lower 48“), gelangt man wirklich in die hohen Berge, sprich wenig Vegetation, hohe Pässe, Schnee… Der Forester Pass ist nicht nur der höchste Pass, hat man ihn überquert ändert sich auch schlagartig die Landschaft und die Vegetation.
-> Link zum Tourbericht des zweiten Abschnittes
Teil 3: Kearsarge Pass – Vermillion Valley
8 Tage: 160 km, 5500 m hoch, 5900 m runter
Mein persönliches Highlight. Auf diesem Abschnitt befindet man sich wirklich in der High Sierra. Wunderschöne Hochgebirgspässe wechseln sich ab mit langen Passagen durch die bewaldeten Täler, überall gluckert Wasser, die Sicht schweift meist weit in die Landschaft.
-> Link zum Tourbericht des dritten Abschnittes
Teil 4: Vermillion Valley – Mammoth Lakes
2 Tage: 45 km, 1650 m hoch, 1250 m runter
Langsam lässt man das Hochgebirge hinter sich, die Anstiege werden weniger Steil, auf den Pässen überleben Pflanzen. Die Mücken werden immer mehr.
Teil 5: Mammoth Lakes – Toulumne Meadows
3 Tage: 58 km, ca 1450 m hoch, 850 m runter
Beinahe hätte ich diesen Abschnitt ausgelassen, weil ich dachte, es wird langweilig. Ein großer Irrtum! Hier warten nochmal einige wunderschöne Passagen mit großartigen Aussichten und tollen Seen. Generell wird die Landschaft aber durchaus sanfter.
-> Link zum Tourbericht des dritten Abschnittes (von Mammoth nach Toulumne)
Die Route auf Google Maps: klick
In den Städten (Bishop & Mammoth Lakes) habe ich immer einen Pausentag eingelegt. Geplant hatte ich zwar, Vormittags anzukommen, einzukaufen und Abends wieder auf dem Trail zu sein, doch es war für mich völlig utopisch, so schnell alles zu erledigen. Außerdem hat mein Körper immer einen Pausentag zum regenerieren benötigt. Dadurch kam meine Budgetplanung ganz schön durcheinander, denn Zimmer in den Orten sind ziemlich teuer.
Navigation
Ich hatte eine Papierkarte des John Muir Trail und Ausdrucke von Karten bis zum Mount Whitney dabei, doch habe sie eigentlich nie benutzt. Das Zauberwort ist: Guthooks. Die App ist einfach der Wahnsinn, überlegt nicht lange rum und benutzt sie, falls ihr den PCT oder JMT gehen wollt. Sie informiert über die Schwierigkeit von Flussquerungen, Schneemengen auf Pässen, Quellen (flowing or dry… sehr wichtige Infos) und schöne Campstellen. Ich hätte nie gedacht, dass es sowas über einen Trail geben kann. Wandern war nie einfacher.
Die Menschen
Anfangs schwankte ich zwischen der Angst, dass der Trail völlig überlaufen ist und der Angst, dass ich niemanden treffe. Letztendlich war beides der Fall.
Tagsüber war ich meist für Stunden alleine. Selbst wenn ich kurz Pause machte, kam niemand vorbei. Manchmal wurde ich überholt, da die PCT’ler ein unglaubliches Tempo an den Tag legen, doch die Leute verschwanden immer schnell hinter der nächsten Kurve und ich sah nur noch eine kleine Staubwolke von ihnen.
Nachts jedoch, wenn man einen der geeigneten Campstellen ansteuerte, tauchten auf einmal Zelte und Schlafsäcke aus der Dunkelheit auf… Auch bei den wenigen Wasserstellen, an denen man stundenlang Pause machen mussten, versammelten sich viele Wanderer, teilweise wartete jeder für sich in Gedanken, teilweise ergaben sich nette Gespräche.
In den High Sierras änderte sich das. Dort begegnete man auf dem Trail immer mehr Menschen, auch deshalb, weil einem nun JMT Hiker entgegen kamen. Und Nachts fand man die vielen PCT Hiker nicht mehr. Ich frage mich immer noch manchmal, wo sie alle hin verschwunden sind… Vielleicht war ich zeitlich im letzten Schwung der Wanderer und da sie alle schneller unterwegs waren als ich, habe ich sie irgendwann „verloren“. Oder man lief nun versetzter, da sich der Tagesablauf nicht mehr nach den wenigen Quellen richtete. Oder es gab mehr geeignete Zeltplätze, zwischen denen man wählen konnte. Jedenfalls nahm die Zahl der PCT’ler deutlich ab, nachdem ich richtig in den Sierras war.
Bis auf ein paar Tage habe ich mich immer mit anderen Leuten zusammen getan und mich zum Campen verabredet. In den USA nennt man sowas „Trail Family“. Gewandert bin ich allerdings meistens lieber alleine, da ich so mein eigenes Tempo gehen und Pause machen konnte, wann ich wollte.
Die Mentalität
Die Stimmung auf dem PCT und JMT ist etwas ganz besonderes. Ich habe so etwas noch nie zuvor erlebt. In die Sierras gelangt man nur mit Rucksack. Es gibt keine Hütten, es gibt keine Annehmlichkeiten, es gibt keine Lifte. Wer hier ist, weiß was es bedeutet, hier her zu kommen. Ich hatte den Eindruck, dass das etwas mit den Menschen macht – es kommen nur Leute, die die Natur schätzen, die gerne dafür die Strapazen auf sich nehmen. Die meisten Leute lächeln, wenn sie einem begegnen und reagieren unglaublich freundlich, wenn man sie anspricht. Egal, wie fertig oder KO sie gerade von einem anstrengenden Aufstieg sind.
Wer hier ist, weiß was es bedeutet, hier her zu kommen. Fast alle schenken einem ein breites Lächeln und schauen einem glücklich in die Augen, wenn man sich grüßt.
Allerdings gab es doch einen Unterschied zwischen PCT’lern und JMT’lern. Nicht nur, dass erstere nach Norden und letztere zu 99% nach Süden wanderten – die meist für kürzere Zeit wandernden JMT’ler blieben mehr unter sich. Sie waren öfter in festen Gruppen, beispielsweise mit Freunden oder als Paar, unterwegs. Die PCT Wanderer waren zumeist allein und hatten wenn dann auf dem Trail Leute kennen gelernt, mit denen sie lose Wandergemeinschaften bildeten, so genannte Trail Families. Es war also für mich als Alleinwanderer sehr viel einfacher, mit PCT Wanderern Kontakte zu knüpfen, als mit JMT Wanderern. Wobei man sagen muss, dass die Amerikaner generell unglaublich offen und freundlich sind und die meisten mich bei ihren Zeltplätzen willkommen geheißen haben, unabhängig vom Trail.
Doch auch das Äußere kann einen schnell entlarven: Auf dem PCT herrscht UL Ausrüstung vor, während viele JMT Hiker doch eher UH unterwegs waren. Außerdem waren die JMTler noch sauber und die Tan-Lines der PCTler beeindruckend… 😉
Die Sierra Nevada
Die Sierras sind größtenteils unerschlossene, wilde Berge. Ich war davor noch nie in einem so „wilden“ Gebirge unterwegs. Ich kenne nur die Alpen, und diese sind seit Jahrhunderten (oder Jahrtausenden?) bewohnt und kultiviert. Es grasen fast überall Rinder, die Menschen haben schon seit Urzeiten Handelswege über die Berge.
In den Sierras hat soweit ich weiß noch nie jemand gelebt. Der PCT verläuft zwar auf ähnlicher Strecke wie ein alter Handelsweg der Indianer (eine Rangerin hat mir das verraten), aber die weißen Siedler waren eher daran interessiert, geeignete Straßenzüge zu bauen, als Vieh-Handelswege über die Berge zu bilden.
Befindet man sich also in den Bergen, gibt es keine Spuren von menschlichen Siedlungen mehr. So ganz wild ist es natürlich nicht, wenn man auf dem PCT/JMT unterwegs ist, da täglich viele Menschen dort entlanglaufen… 😉 Trotzdem merkt man der Natur deutlich an, dass hier kein Mensch wohnt. Waldbrandgebiete bleiben einfach abgebrannt, umgestürzte Bäume bleiben liegen und nur der Trail wird freigeschnitten, es wächst, was wachsen will. Während meiner Wanderung ist mir keine Kuh und kein Schaf begegnet. Leider allerdings auch kein Schwarzbär und zum Glück kein Puma.
Der Trail
Der Weg ist sehr gut ausgebaut und man muss sich nur selten orientieren, außerdem kann man von früh bis spät laufen. Viele Weitwanderer schaffen sogar jeden Tag über 40 km, ich war mit meine 20-30 km schon ganz gut bedient 😉 .
Es gibt sogar bezahlte Trailworkers, die den Trail stetig ausbauen und verbessern, außerdem kontrollieren die Ranger regelmäßig die Trails und Pässe (und Permits und Bear Kanister).
Jedenfalls sind bei einer Begehung nach der Schneeschmelze meiner Meinung nach kein bergsteigerisches Können oder sonstige Vorkenntnisse dringend vonnöten, um den PCT zu laufen.
Liegen die Pässe noch unter Schnee, ist es denke ich auf jeden Fall empfehlenswert, etwas Erfahrung zu sammeln oder sich zumindest Wissen anzulesen.
Mein Mitwanderer zum Beispiel war sich der Gefahr von Flüssen unterhalb von Schneeflächen oder einbrechender Schneebrücken nicht bewusst. Es passiert zwar auf dem PCT relativ wenig (ich glaube auch, weil sich viele für die schneebedeckten Pässe zusammen tun und dann vom gegenseitigen Wissen provitieren), aber das ist keine Garantie dafür, dass auch in Zukunft nichts passiert. Gerade Schnee ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr…
Auch Flussquerungen sind bei hohem Wasserstand und starker Strömung mit Vorsicht zu genießen. Wenn man sich unsicher ist, sollte man auf jeden Fall auf andere Wanderer warten und die Querung gemeinsam in Angriff nehmen.
Ansonsten muss man auf dem PCT nichts weiter tun, als einen Fuß vor den anderen zu setzten 😉
Mein Reisebericht
In den nächsten Wochen werde ich für jede Etappe einen ausführlichen Reisebericht mit vielen Fotos und meinen persönlichen Highlights einstellen. Ich habe in der Zeit auf dem Trail so viele schöne Erlebnisse gehabt, so viele liebe Menschen kennengelernt und viele schöne Momente allein genossen, dass ich mich schon darauf freue, das alles nochmal Revue passieren zu lassen.
Die USA, ihre Mentalität und die Weitwanderwege haben mich auf jeden Fall angefixt und ich überlege schon, wann und wie ich den CDT (Continental Divide Trail) laufen könnten… Auch der Washington-Teil des PCT reizt mich sehr. Also Vorsicht an die Nachahmungstäter, der PCT hat Suchtpotenzial! 😉
Den kompletten Tourbericht gibt es hier:
- Teil 1: Walker Pass bis Kennedy Meadows
- Teil 2: Kennedy Meadows bis Kearsarge Pass
- Teil 3: Kearsarge Pass bis Vermillion Valley Resort
- Teil 4: Vermillion Vally Resort bis Tuolumne Meadows
Mehr über den Pacific Crest Trail & John Muir Trail findet ihr in folgenden Beiträgen:
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