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Winterwanderung: Weilheimer Hütte

Winterwanderungen faszinieren mich. Ich liebe den Winter, liebe es durch schneebedeckte Wälder zu stapfen und die Berge unter weißen Hauben zu sehen.

Leider habe ich es bis vor kurzem nie geschafft, eine richtige Wintertour in den Alpen zu machen, was auch an unserer fehlenden Erfahrung und Lawinenkenntnissen lag. Glücklicherweise lernten wir in Island ein Paar aus Stuttgart kennen, welches gerne Schneeschuhtouren macht. Und so beschlossen wir, bald unsere erste gemeinsame Hüttentour zu machen 🙂 .

25. – 26.11.2018 // 2-Tagestour zur Weilheimer Hütte

Zuerst ein paar harte Fakten:

Die Weilheimer Hütte liegt zwischen Krün und Farchant (bei Garmisch-Partenkirchen) neben dem Krottenkopf auf 1957 m Höhe. Es gibt drei Aufstiegswege, zwei von Osten (Wallgau und Krün) und einer von Westen (Farchant), außerdem liegt sie auf dem Weg der via Alpina (violetter Weg). Von Wallgau aus sind es 1230 m im Aufstieg, Die Gehzeit wird im Sommer mit 5 Stunden angegeben (Wir haben für den Aufstieg über 12 Stunden benötigt!). Hier kann man unseren Routenverlauf nachsehen: Tourverlauf auf alpenvereinaktiv.com

Der Entschluss zur Hüttentour kam recht spontan nach den Schneefällen im November und so hatten wir nur eine Woche Zeit zur Vorbereitung. Wir haben uns Schneeschuhe, Pieps-Geräte, Sonde & Schaufel vom DAV ausgeliehen und den Umgang mit dem LVS davor zu Hause ein bisschen geübt. Und dann gings los!

Zusammenfassend kann man über die Tour sagen, dass wir lauter kleine Fehler/Fehlentscheidungen getroffen haben, die dann am Ende zu einem mehr oder weniger großen Problem wurden.

Unser erster Fehler: Die Schneelage unzureichend checken. (Nur ein paar mal flüchtig die Webcams – auch noch vom falschen Ort, nämlich dem Wank – ansehen) Dadurch haben wir uns entschlossen, die Schneeschuhe im Tal zu lassen.
Unser zweiter Fehler: Keine Gamaschen dabei haben.

Jetzt aber im Detail:

Wir starten um 9 Uhr mit schönem Sonnenschein und keinem Schnee weit und breit. Die Stimmung ist gut, wir haben viel zu erzählen und machen dauernd Pausen.

Winterwanderung 2017

Kurz vor der Mittagspause um halb 1 beginnt recht plötzlich und überraschend der Schnee. Der vom Wetterdienst angekündigte Wintereinbrucht bricht sehr schnell herrein und man sieht bald nicht mehr weit:

Da es jetzt kalt ist machen wir uns schnell wieder auf den Weg und brauchen eine Weile, die richtige Richtung mit der Karte im Schnee und mit der schlechten Sicht zu finden. Klappt aber alles hervorragend und macht viel Spaß:

Winterwanderung 2017

Es schneit:

Winterwanderung 2017

und schneit:

Winterwanderung 2017

und schneit:

Winterwanderung 2017

Bald hört es aber auf zu schneien und die Sicht wird besser. Es ist durch den Schnee wunderschön geworden. Die ersten Stunde der Route gingen durch Wald und auf Forstwegen, was ich persönlich immer recht langweilig finde und so bin ich unheimlich glücklich über das dahinstapfen im Schnee auf dem kleinen Wanderweg. Meine Füße sind auch noch einigermaßen trocken, da die Hose durch den Gummizug ganz gut über den Schuhen hält. Außerdem muss ich nicht spuren. Ich habe Probleme mit meiner Hüfte/dem rechten Bein und merke, wie es leicht anfängt zu ziehen.

Winterwanderung 2017

Winterwanderung 2017

Winterwanderung 2017

Allerdings müssen wir uns langsam etwas sputen, da es schon nach 16 Uhr und die Hütte immer noch nicht in Sicht ist.
Es geht einen steilen Hang hoch, hier spure ausnahmsweise mal ich. Danach sind meine Schuhe voller Schnee und ich bin fix und fertig 😀 . So ein kleiner Anstieg wird mit Schnee schnell zur Herausforderung.

Winterwanderung 2017

Das Abendlicht ist super schön:

Winterwanderung 2017

Und tatsächlich, ab hier sieht man die Hütte! Links oben in dem Pass. Wir jubeln und sind alle sehr erleichtert:

Jetzt ist es nicht mehr weit denken wir.
Was wir uns hätten denken sollen: Oha, ist das weit. Und sehr viel Schnee. Vermutlich mit einigen Schneeverwehungen. Und sehr steil. Ca. 250 Höhenmeter noch. Ohne Schneeschuhe. Es ist bereits halb 5, bald ist es dunkel. Kehren wir besser um.

Das denken wir aber nicht und so machen wir uns auf den Weg hoch zur Hütte. Schnell jetzt, damit wir nicht zu sehr in die Dunkelheit kommen. Wir spornen uns gegenseitig an, wir sind alle müde und wechseln uns (bzw die andern machen das) an der Spitze zum spuren sehr schnell ab, damit wir schneller vorwärts kommen. Wir laufen schon länger nicht mehr auf dem Weg (der ist irgendwo begraben) und schauen, dass wir keine Höhenmeter verlieren.

Ehe wir es uns versehen stecken wir mitten in einem Latschenwald. Ich kenne Latschenwälder (und generell Bergwandern) nur aus dem Sommer und schon da sind sie tückisch. Ich schlage vor, dass wir möglichst schnell wieder raus gehen, doch die andern wollen lieber schnell zum Weg und der führt durch den Wald. 15 min und ca 50m weiter sehen alle ein, dass wir raus müssen. Es geht dauern steil hoch und runter, man sinkt bis zur Hüfte ein, rutscht auf Steinen aus und Hänge hinunter, bleibt in Ästen und an Steinen hängen. Wie schnell man hier stecken bleibt und sich einen Fuß brechen kann!
Michi und ich haben jetzt beide klattschnasse Füße, da wir ja ohne Gamaschen unterwegs sind. M hat eine von ihren im Latschenwald verloren und hat einen nassen Fuß.

Endlich erreichen wir den „Waldrand“ und sind wieder auf einem Schneefeld. Mittlerweile ist es halb 6 und trotz hellem Schnee stockdunkel, wir machen unsere Stirnlampen an. Wir stärken uns nochmal mit Energieriegeln und beratschlagen was wir machen sollen.

Absteigen? Alle sind dagegen
Also bleibt nur der Weg nach oben. Die Hütte ist ja so nah. Wir beschließen streng nach GPS und Kompass zu laufen und auf dem Weg zu bleiben, da man dort besser laufen kann. Und los.

Es ist ein elendiger Kampf. Es sind ja nur noch 200 hm und dafür brauchen wir über 3 Stunden, um viertel vor 9 sind wir endlich an der Hütte, nach 12 Stunden Aufstieg.
Ich hätte nie gedacht, dass es so schwer wird im Schnee vorwärts und vor allem nach oben zu kommen. Die Schlüsselstelle war ein starker Anstieg von ca 2m nach oben, den wir kaum geschafft haben weil man im Schnee einfach keinen Halt hatte. Wir haben uns dann an einem Latschenast hochgezogen. Hinzu kam, dass es weiter oben dann auch noch ein starkes Schneegestöber und Nebel gab. Die Sicht war wirklich ziemlich schlecht.

Ich bin froh, dass wir alle so gut zusammengearbeitet haben und so ruhig geblieben sind. Jetzt im Nachhinein und objektiv betrachtet weiß ich, dass wir nicht in akuter Lebensgefahr waren (Dank Biwacksack und Schlafsäcke, zur Not hätten wir es vielleicht auch noch ins Tal geschafft, die Rettung wäre evtl auch noch ausgeflogen), aber in der Situation hat es sich schon so angefühlt, als ob wir es vielleicht nicht schaffen könnten. Ich hatte ein großes schlechtes Gewissen meinen Eltern gegenüber, weil sie nicht wussten wo wir waren und weil es bestimmt ewig gedauert hätte, die Leichen zu finden. Ab jetzt werde ich immer genaue Infos über die Route hinterlassen…

Und ich war froh über meine starken Tourpartner, die so fleißig gespurt hatten. Ich wäre dazu nicht in der Lage gewesen und die letzten zwei Stunden war es durch mein Hüftproblem schwer, selbst in den Spuren den Fuß nach oben & vorne zu bringen.

Jedenfalls sah M irgendwann kurz ein Licht, ich habe kurz darauf Rauchgeruch gerochen und irgendwann sahen wir auch noch Funken im Wind. Es hat dann trotzdem noch einige Minuten gedauert, bis wir die Hütte gefunden haben. Unser Glück war, dass schon drei Leute vor uns dort waren und die Hütte schön warm eingeheizt hatten 🙂 . (die sind auch ohne Schneeschuhe hoch obwohl sie um einiges erfahrender als wir waren)

Übrigens war es vielleicht auch ein bisschen Glück, dass es auf dem letzten Wegabschnitt dunkel war. Ich habe ja Höhenangst und ich habe mir oft gedacht dass es sehr gut ist, dass ich nicht sehe wie weit es da runter geht . Vor allem da der Schnee teilweise vom Wind richtig festgebacken war, einmal mussten wir uns einen Hang nach oben Stufen schlagen um hoch zu kommen.

Am nächsten Tag habe ich ein Foto von dem letzten Stück gemacht. Hier ging es hoch, von rechts unten nach links oben. Für die Strecke haben wir 4 Stunden gebraucht:

Winterwanderung 2017

In der Nacht kann ich kaum schlafen, mein Bein tut höllisch weh und ich habe Angst, dass ich morgen nicht mehr laufen kann. Das letzte mal als es so akut war konnte ich kaum das Bein anheben.

2. Tag, Abstieg zurück nach Wallgau

Am nächsten Tag windet es immer noch extrem, aber die drei anderen Wanderer nehmen den gleichen Abstieg wie wir und so können wir (nach dem ersten steilen Abstieg) ihrer Spur folgen. Sie waren 2 Stunden vor uns aufgebrochen und die oberen Spuren waren alle verweht. Es geht mit meinem Bein zum Glück erstaunlich gut. Es tut natürlich weh, aber mein Bewegungsradius ist nicht eingeschränkt.

Und dann wird es wieder richtig richtig schön und der Abstieg entschädigt uns für die Strapazen von gestern:

 

Winterwanderung 2017

Und später geht es durch richtigen Wald im Winterwunderland. Ich bevorzuge im Sommer baumfreie Wanderungen, aber im Winter ist es im Wald einfach nur Traumhaft:

Winterwanderung 2017

Blick aufs Karwendel:

Geschafft aber Glücklich:

Leider wird mir der Abstieg etwas versaut. Sobald es nicht mehr so steil nach unten geht tut mein Bein höllisch weh und ich kann es nur noch bis auf Höhe meines linken Beines nach vorne bringen. Ich nehme eine Schmerztablette und bitte die anderen, für mein rechtes Bein eine ebene Spur zu bilden, damit ich es nur nach vorne ziehen und nicht anheben muss. Das klappt ganz gut.
…Nur bekomme ich dann nach einer Stunde krasse Bauchkrämpfe und dann noch Herzstechen und etwas Kreislaufprobleme. M erzählt, dass sie das nach Überlastungen vom Triathlon kennt. (Jetzt weiß ich wenigstens, warum sie so fit ist ) Ich vermute auch dass es ein Zusammenspiel aus Schmerztablette, Dehydrierung und Überlastung ist. Leider kann ich so die Landschaft nicht richtig genießen, aber M erzählt mir Märchen und schafft es so, mich ein bisschen abzulenken.

Wir kommen mal wieder in die Dunkelheit, da wir erst um 11 Uhr losgelaufen sind:

Fading light

Alles in allem war es trotzdem eine wunderschöne Tour und wir planen schon die nächsten. Diesmal mit mehr Vorbereitung und kürzeren Touren. Und mit Schneeschuhen. Dann sollte das mit meinem Bein auch besser klappen.

Was ich von der Tour mitnehme?
-Achte auf die kleinen Fehler und steuere rechtzeitig dagegen, damit nicht nochmal so ein großes Problem daraus wird.
-Beschäftige dich ausgiebig und verlässlich mit den Bedingungen vor Ort und frage vielleicht auch Einheimische.
-Gamaschen sind guuuuut.
-Einen Umkehrpunkt festlegen. Wenn man den nicht zur geplanten Zeit erreicht, umkehren.
-Realistische, zur Witterung passende Zeiteinschätzungen machen.
-Biwaksäcke für alle!
-Dafür sorgen, dass die Schuhe trocken bleiben, sonst werden die Pausen zur Qual.
-Nicht ohne Schneeschuhe durch Latschenwälder streunen.
-wenn die Tour lang ist, früh starten (zur Not auch im Dunkeln, im Tal ist das ja meist egal) und schauen, dass man am Anfang Strecke macht. Rumbummeln kann man sich ja dann für den Schluss aufheben

Und etwas positives:
-Im Dunklen in den Bergen zu laufen ist gar nicht so schlimm wie ich immer dachte.
-Wir vier funktionieren als Team sehr gut und ich weiß jetzt, dass wir uns alle aufeinander verlassen können. Keiner verliert schnell die Nerven oder startet Alleingänge.
-Die Berge im Winter sind einfach wunderschön!

Man lernt immer dazu 😉

Habt ihr auch schonmal eine Schnee(schuh)wanderung gemacht? Ist dabei alles wie geplant verlaufen?

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